Proseminar Theologische Propädeutik (FS 2021)

Dienstag, 15-17h - vorläufig via ZOOM

Walter Nigg (1903-1988) gehört zu den bedeutenden (reformierten) Theologen der Schweiz. Er habilitierte sich für Kirchengeschichte an der Universität Zürich. Bekannt wurde er durch seine Wiederentdeckung der Heiligen, die er als Identifikationsgestalten für den Umgang mit gebrochenen  Lebensgeschichten aus dem Glauben verstand, veranlasst durch den tragischen Tod seiner ersten Frau Lily. Seine Werke wurden millionenfach verkauft. In einem Rechenschaftsbericht „Ein Wörtlein über meine Bücher“ beschreibt Walter Nigg seinen Werdegang als Theologe und gibt zugleich einen Einblick in die Theologiegeschichte des 20. Jahrhunderts. Wir lesen diesen und andere autobiographische Texte von Nigg,

  • um die Interpretation theologischer Texte exemplarisch einzuüben,
  • um die Aufgabe der Herausbildung eines theologischen Profils zu entdecken,
  • um Einblicke in die Theologiegeschichte des 20. Jahrhunderts zu gewinnen.

Das Buch mit der Textauswahl wird zur Verfügung gestellt.

Download des Seminarplans

Download der autobiographischen Zeugnisse von Walter Nigg

  • Weiteres Datum für eine gemeinsame Evaluation (nach Vereinbarung)
  • 13. April 2021: Was bleibt? (ebd. 98-110)
  • 30. März 2021: Von den Heiligen zu den Ketzern (ebd. 88-98)

    Material zur Seminarsitzung

    Walter Nigg, Die Heimkehr des Ketzers

    Hans Urs von Balthasar, Herrlichkeit. Eine theologische Ästhetik (aus der "Hinführung")

    Aufgaben:

    • Was ist der Unterschied zwischen Häresie, Apostasie und Schisma?
    • Wie bestimmt Walter Nigg das Wesen der "Ketzer"? Was ist sein Ziel in der Behandlung dieser Personen?
    • Welchen Ort gibt Hans Urs von Balthasar der Ästhetik in der Theologie?

     

  • 23. März 2021: Die Hagiographie als Berufung (ebd. 78-88)

    "Heilig" - spontane Eindrücke zur Wortverwendung

    Hagiologie - eine Einführung

    Aufgaben:

    • Was sagen die Listen mit Synonymen und Gegenteilen von "heilig" sowie die Kontexte, in denen das Wort verwendet wird, über unser "Alltagsverständnis" von Heiligkeit aus?
    • Inwiefern ist die "Hagiologie/Hagiographie" die theologisch angemessene Form der "anthropologischen Wende"?
    • Was ist der Unterschied zwischen "transzendent" und "transzendental"?
    • Inwiefern entspricht Walter Nigg in seinem Ansatz der Hagiographie der biblischen Verwendung des Wortfeldes "heilig"?
  • 16. März 2021: Geschichtliches Arbeiten im Blick auf Kirche und Welt (ebd. 68-78)

    Aufgabe:

    Gliedern Sie den Text in Sinnabschnitte, und gestalten Sie daraus eine Gliederung, als handle es sich um eine wissenschaftliche Arbeit.

    Beispiel:

    I. Erprobungen in der Geschichtsschreibung

    1. „Die Kirchengeschichtsschreibung“ (1934). Die künstlerische Aufgabe des Schreibens
    2. „Geschichte des religiösen Liberalismus“ (1937). Schreiben als Widerstand
    3. „Kirchliche Reaktion“ (1939). Vom Umgang mit Unrecht
    4. „Martin Bubers Weg in unsere Zeit“ (1940). Aus der Quelle des jüdischen „Reichtums“

     II. Kritik an der Kritik

    1. Von der Wissenschaft zur „Wegleitung“
    2. Von der dunklen zur hellen Seite der Geschichte
    3. Die Entdeckung von Mystik
    4. Im Spannungsfeld ökumenischer Grenzziehungen

    III. Hagiographie als persönliche Berufung

    Wir vergleichen die autobiographischen Aufzeichnungen von Walter Nigg (1903-1988) mit einem der Texte eines anderen bekannten Schweizer Theologen, Hans Urs von Balthasar (1905-1988). Er hat regelmäßig, etwa alle zehn Jahre, Rechenschaftsberichte zu seinem Werk verfasst, die veröffentlicht sind in: Hans Urs von Balthasar, Zu seinem Werk, Einsiedeln – Freiburg i.Br. 22002. Der letzte hier publizierte Text wurde als Vortrag in Madrid wenige Tage vor Balthasars Tod gehalten.

    Hans Urs von Balthasar, Rückblick

    Aufgabe:

    • Lesen Sie den "Rückblick" von Hans Urs von Balthasar.
    • Vergleichen Sie den Text mit "Ein Wörtlein über meine Bücher" von Walter Nigg.
    • Überlegen Sie sich, unter welchen Gesichtspunkten dieser Vergleich erfolgen kann.
  • 9. März 2021: "Ein Wörtlein über meine Bücher" (57-68): Auf Distanz zur Theologie

    Arbeitsaufgabe bei der Lektüre:

    • Unterstreichen Sie Namen und Begriffe im Text, zu denen Sie Nachforschungen anstellen müssen, um sie zu verstehen.
    • Recherchieren Sie in der zur Verfügung stehenden Zeit einige Grundinformationen und teilen Sie die Ergebnisse Ihren Kolleginnen und Kollegen mit.
    • Sagen Sie dabei: Wo habe ich aus welchem Grund nachgeschaut? Was würde ich tun, wenn ich meine ersten Ergebnisse vertiefen müsste?
  • 2. März 2021: Geständnis - Epilog - Wie Lily Köliker starb - Abschiedspredigt

    Aufgabe: Lektüre von S. 26-56 (alle)

    Vorbereitung der vier Kapitel durch die vier benannten Seminarteilnehmer-innen

    Erläuterungen zur Aufgabe (aus dem Mail an alle):

    Die Vorstellung der Kapitel wird übernommen von:

    Fabian Meier: Geständnis

    Ken Reist: Epilog zu "Heimliche Weisheit"

    Sr. Patrizia Bongo: Wie Lily Nigg-Kölliker starb

    Johannes Ludwig: Abschiedspredigt

    Wir haben für die Besprechung jedes Textes maximal 20 Minuten Zeit. Das bedeutet für die Vorbereitenden:

    • Da alle den Text gelesen haben (sollten), brauchen Sie ihn nicht nachzuerzählen, sondern können sich auf die "wissenschaftlich-theologische" Aufgabe der Textanalyse konzentrieren.
    • Wählen Sie Kriterien, die die Besonderheiten des Textes in Form und Inhalt herausarbeiten, bereits unter der Voraussetzung, dass es sich um ein autobiographisches Zeugnis handelt: Welchen Ort hat der Text im Werk von Walter Nigg? An wen richtig er sich? Welcher Sprache verwendet er? Wie ist der Text strukturiert? Gibt es eine Entsprechung zwischen Form und Inhalt? Was sagt Walter Nigg über sich selbst (direkt und/oder indirekt?) Was können wir daraus für sein theologisches Profil und damit für die Interpretation seines Gesamtwerkes schließen? Da es sich um retrospektive Texte handelt: wie authentisch ist das Zeugnis? sind Elemente von Selbststilisierung wahrzunehmen oder zu vermuten? Mit welchen Wahrheiten des Glaubens und/oder der Theologie verknüpft Walter Nigg seine Person? etc. Sie brauchen diesen Fragenkatalog keineswegs Punkt für Punkt abzuarbeiten, sondern sollten sich dadurch einfach inspirieren lassen, die für Ihren Text wichtigen Kriterien der Interpretation auszuwählen. In der Regel sollen Sie dem Text Ihre Interpretationskriterien ja nicht aufzwingen, sondern sie zu einem Teil aus dem Text selbst gewinnen. "Methode" heißt: "einen Weg mit etwas gehen". Ihre "Methode" der Interpretation Ihres Textes sollte aus einem Weg mit dem Text hervorgehen. Vergessen Sie nicht, dass Sie es nicht nur mit Worten und Satzbau und logischen Argumenten zu tun haben, sondern mit einem Menschen, der hier rede und in dem Text sich selbst preisgibt, aber auch verletzlich macht. Ein Textinterpret hat immer auch eine Art "künstlerische" Aufgabe: Sie machen nicht ein "Foto" des Textes, sondern fertigen ein Bild an, das in verschiedenen Stilen etwas sichtbar macht, was das Foto vielleicht gar nicht entdecken lässt. Sie setzen Ihre Deutung nicht an die Stelle des Textes, weil Sie es besser wissen, sondern Sie "dienen dem Text", um seine Bedeutung und seinen Stellenwert klarer sichtbar zu machen.
    • Ihre Präsentation sollte knapp sein und 7-10 Minuten nicht überschreiten. Als Hilfsmittel können Sie ein Arbeitspapier verwenden, das wir über "Bildschirm teilen" anzeigen können (am besten Schriftgröße 14-16, damit es gut lesbar ist), das ist aber nicht nötig. Entscheiden Sie selbst, ob eine solche visuelle Unterstützung hilft oder stört.
    • In der verbleibenden Zeit diskutieren wir 1) die Form Ihrer Präsentation: Was ist gelungen? Was könnte verbessert werden? Gibt es andere Dimensionen des Textes, die nicht erwähnt wurden? 2) Was lernen wir über Walter Nigg und sein theologisches Profil?

     

  • 23. Februar 2021: "secretum meum mihi". Wer ist Walter Nigg?

    Einführung in Inhalt, Ziel und Methode des Proseminars

    Gemeinsame Lektüre von: Walter Nigg, Lebenslauf [bis zum Studium], S. 15-21.

    Eine Dokumentationsseite zu Walter Nigg findet sich auch auf der Homepage des Instituts für Ökumenische Studien:

    https://www.unifr.ch/iso/de/dokumentation/walter-nigg/

    Dort finden sich sogar noch einige zusätzliche Fotos - und Walter Niggs Freunde und Weggefährten, die bereits auf seine Vernetzung mit der Theologiegeschichte hindeuten:

    https://www.unifr.ch/iso/de/dokumentation/walter-nigg/leben/bildergalerie/weggefaehrten.html