Herbstsemester 202512.09.2025

Konsequente Profilierung in Zeiten des Spardrucks


Das akademische Jahr beginnt für die etwas mehr als 10'000 Studierenden und die neuerdings sechs Fakultäten in Zeiten grosser finanzieller Unsicherheiten. Mit der Ausbildung aller Lehrpersonen des Kantons kann sich die Universität Freiburg ab sofort schweizweit profilieren. Im Aufbau befinden sich derweil ein Bachelor in «Politikwissenschaft» sowie die Möglichkeit, an der Theologischen Fakultät auch im Online-Modus zu studieren.

Die von der kantonalen und nationalen Politik angekündigten Sparmassnahmen haben auch Auswirkungen auf die Universität. So verlangte das Rektorat von den Fakultäten Vorschläge bezüglich Spar- und Profilierungsmöglichkeiten und verhängte bis zum Abschluss der entsprechenden Berichte einen mehrmonatigen Einstellungsstopp bei Professuren. Ziel der Profilschärfung ist es, die Universität Freiburg im (inter-)nationalen Kontext kompetitiv zu positionieren, ihre Stärken hervorzuheben und die Universität in Richtung Hochschule 4.0 (Integration digitaler Lehr- und Lernformate in den Alltag von Dozierenden und Studierenden) zu entwickeln.

Wie eine aktuelle Studie zeigt, profitiert der Kanton in hohem Masse von seiner Universität: Diese konnte den wirtschaftlichen Impakt von 2024 verglichen mit 2015 deutlich steigern. So entstehen gemäss dieser demnächst separat präsentierten Studie für jeden Beitragsfranken des Kantons 3.27 Franken an Wertschöpfung. 2015 lag dieser Wert noch bei 2.49 Franken. Diese Wertschöpfung setzt sich dadurch zusammen, dass regionale Unternehmen von Aufträgen durch die Universität profitieren und Arbeitsplätze schaffen, durch externe Forschungsfinanzierungen und durch Transferleistungen anderer Kantone und des Bundes.

Profilierung in der Lehrpersonenbildung
Die Schaffung der Fakultät für Erziehungs- und Bildungswissenschaften vereinigt die gesamte Lehrpersonenbildung des Kantons Freiburg an der Universität, was schweizweit einzigartig ist. Zur neuen Fakultät gehören die ehemalige Pädagogische Hochschule Freiburg sowie von der Philosophischen Fakultät der Universität kommend die Zentren für die Lehrpersonenbildung der Sekundarstufen, das Departement für Sonderpädagogik und das Departement für Erziehungswissenschaften. Das Institut für Mehrsprachigkeit bildet die Brücke zwischen der neuen Fakultät und den Geisteswissenschaften.

Neuer Bachelor «Politikwissenschaft» mit Fokus auf autoritären Regimen
Das Bachelor-Programm «Politikwissenschaft» ersetzt ab Herbst 2026 das bisherige Programm «Politik und Gesellschaft». Gelehrt werden thematisch orientierte Grundmodule wie Demokratie und Autokratie, Europa in einer komplexen Welt sowie Gleichheit und Ungleichheit im politischen Prozess. Diese Grundmodule werden ergänzt durch unterschiedliche Forschungsmethoden und Programmierkenntnisse zur Datenanalyse. Im Unterschied zum früheren Programm sind die empirischen Analysemethoden fester Bestandteil des Hauptfachts (120 ECTS-Kreditpunkte) und des Nebenfachs zu 60 ECTS.

Schweizweit einzigartig ist die intensive Beschäftigung mit autoritären und illiberalen Regimen sowie mit Regionen ausserhalb Westeuropas – schwerpunktmässig Osteuropa. Die Freiburger Besonderheit der Zweisprachigkeit soll im neuen Programm ebenfalls stärker als früher zur Geltung kommen, indem mehr und regelmässige Lehrveranstaltungen auf Französisch das deutsch- und englischsprachige Studienangebot ergänzen.

Bereits jetzt beginnt ein anderes Angebot der Philosophischen Fakultät. Im Master-Nebenprogramm «Digital Society» stehen die sozialen Dimensionen und Folgen der Digitalisierung in heutigen Gesellschaften. Das englischsprachige Studienprogramm ist in der Schweiz einzigartig. Die digitale Transformation wird aus sozialwissenschaftlicher Perspektive fundiert beleuchtet. Das Programm fördert die digitalen Kompetenzen der Studierenden und befähigt sie, die von der digitalen Transformation verursachten Prozesse zu verstehen.

Theologische Fakultät will die Vorteile der Digitalisierung nutzen
Das Herbstsemester 2025 bringt für die Bachelor-Studierenden in «Theologie» zusätzliche Möglichkeiten. Diverse Kurse werden ab sofort auch online verfügbar sein. Ab 2026 soll das gesamte Bachelorstudium online absolviert werden können. Dieses Angebot ist komplementär zum Präsenzmodus. Dies erfordert nebst der Lösung von technischen Herausforderungen auch didaktische Anpassungen durch die Dozierenden und die Neugestaltung der Studienpläne.

Die Fakultät reagiert damit auf ein verändertes gesellschaftliches Umfeld. Dieses sorgte in den letzten Jahren dafür, dass das Interesse an der katholischen Theologie gesunken ist. Dadurch hatte es zusehends weniger Studierende, aber vor allem auch andere Studierende. Der Studienbeginn findet oft später im Leben statt. Die Fakultät empfängt immer mehr Studierende, die bereits einen Beruf und zum Teil auch eine Familie haben. Mit den Online-Kursen soll daher die Vereinbarkeit von Studium und Berufs- wie auch Privatleben verbessert werden.

Europäische Spitzenforscher finden den Weg nach Freiburg
Zwei Professoren haben bei ihrer Neuanstellung an der Universität Freiburg einen Starting Grant (Forschungsstipendium) des Europäischen Forschungsrats (European Research Council ERC) von je 1,45 Millionen Franken mitgebracht. Das Projekt von Assistenzprofessor Stefan Vuckovic vom Departement für Chemie läuft schon. Er will die Präzision quantenchemischer Computer-Simulationen verbessern. Damit sollen dereinst Herausforderungen in der Materialentwicklung und beim Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft besser angegangen werden können.

Jenes von Bastian Grossenbacher Rieck vom Departement für Informatik beginnt im Herbst. Dieses 2024 vom ERC bewilligte Projekt wird nun vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation im Rahmen der Übergangsmassnahmen für das Horizon-Paket 2021–2027 finanziert. Die Grundidee besteht darin, neue Methoden zu entwickeln, die auf dem Zusammenspiel von Geometrie und Topologie basieren, um das Verständnis von Daten und neuronalen Netzen zu verbessern. Motiviert durch einen Mangel an Methoden will das Projekt das maschinelle Lernen erweitern.

Das Projekt «Künstliche Intelligenz in der Praxis: Governance, Handlungsfähigkeit, Aktion – eine interdisziplinäre Untersuchung» von Assistenzprofessorin Anna Jobin wird sogar mit 3,6 Millionen vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützt. Das Projekt wird nicht nur interdisziplinäre Forschungs- und Ausbildungsmöglichkeiten für die nächste Generation von Forschenden bieten, um die komplexe, vielschichtige Natur der KI zu erfassen, sondern auch neue Formen der kritischen öffentlichen Auseinandersetzung mit KI in Kunst, Wissenschaft, Politik und Technologie erforschen.

(Finanzielle) Herausforderungen für die Universität
Im Zuge der Vernehmlassung zum Finanzsanierungsprogramm und der unsicheren Bundesfinanzierung drohen der Universität erhebliche Lücken. «Als Universität werden auch wir unseren Beitrag zur Sanierung der Kantonsfinanzen leisten müssen», meint denn auch Rektorin Katharina Fromm. «Billigen oder gar akzeptieren kann ich sie jedoch nicht. Sie sind kurzfristig gedacht und sehen die Universität fälschlicherweise als ein Kosten- statt ein Wirtschaftsfaktor für den Kanton Freiburg und seine Bevölkerung.»

Weitergehende Informationen

Lehrpersonenbildung: Eine neue Fakultät für die Universität Freiburg | Staat Freiburg
Stefan Vuckovic: https://data.snf.ch/grants/grant/211246
Bastian Grossenbacher Rieck: https://bastian.rieck.me/holes/https://www.unifr.ch/alma-georges/articles/2024/er-will-die-ki-mit-weniger-trash-fuettern
Anna Jobin: https://data.snf.ch/grants/grant/10002211Veranstaltungsreihe Digital Society: Digital Transformation in Society and Culture