Biodiversität12.12.2022

Unterstützung für einen dringenden Aufruf zum Schutz der Biodiversität Madagaskars dank KI


Mehr als 50 Organisationen aus aller Welt wirkten vor Kurzem an einer umfassenden Bestandsaufnahme der einzigartigen Biodiversität Madagaskars mit. Die Insel ist einer der bedeutendsten Biodiversitätshotspots der Welt: 82 Prozent der Pflanzen und 90 Prozent der Wirbeltiere dieser Insel sind nirgendwo anders zu finden. Bei dieser Studie kamen KI-basierte Tools von Daniele Silvestro vom Swiss Institute of Bioinformatics und seinem Team an der Universität Freiburg zum Einsatz. Die Ergebnisse wurden in zwei Artikeln der Fachzeitschrift Science veröffentlicht. Sie belegen die dringende Notwendigkeit gemeinsamer, wissensbasierter Schutzmassnahmen. Die Forschenden machen konkrete Vorschläge für künftige Handlungsmöglichkeiten.

Das internationale Team hat die aktuellsten Ressourcen zusammengetragen und modernste Techniken zur Vorhersage des Erhaltungsstatus eingesetzt, um die Bedrohung der biologischen Vielfalt an Land und im Wasser zu bewerten. Die Forschenden untersuchten auch, welche Möglichkeiten in Zukunft für den Schutz und die Wiederherstellung bestehen.

Auch der Gruppenleiter an der Universität Freiburg und am Swiss Institute of Bioinformatics (SIB), Daniele Silvestro, und sein Team wirkten an dieser Studie mit: Sie prognostizierten das Aussterberisiko und mögliche Bedrohungen für nahezu 6000 Pflanzenarten auf Madagaskar. «Der erste Schritt zur Entwicklung wirksamer Schutzmassnahmen besteht darin, den Erhaltungsstatus der Arten zu bewerten. Für die meisten Organismen, speziell für Pflanzen, Pilze und wirbellose Tiere, steht eine solche Bewertung jedoch noch aus. Und das ist das Problem. Wir haben Ansätze entwickelt, mit denen wir das Aussterberisiko für Tausende von Pflanzenarten vorhersagen konnten. Dazu haben wir Daten aus verfügbaren Online-Datenbanken anhand von maschinellem Lernen verarbeitet», erklärt Silvestro. Die Forschenden haben eine Open-Source-Software entwickelt, die sich auf Bayes’sche neuronale Netze stützt, eine Form der künstlichen Intelligenz. Sie ermöglicht es, zu schützende Zonen und Arten besser zu identifizieren. Über diese Software wurde bereits Anfang dieses Jahres berichtet.

Die Ergebnisse der Studie sind ein starkes Argument für Madagaskar als Region mit höchster Priorität für Artenschutz. Die Forschenden konnten einen tieferen Einblick in die frühere und die heutige Artenvielfalt in dieser Region gewinnen sowie in die aktuelle Verteilung der Arten und die künftigen Bedrohungen. In ihrem Fazit setzen sich die Studienmitarbeitenden dafür ein, die Datenerfassung und -analyse weiter zu forcieren, um die einzigartige Vielfalt Madagaskars zu schützen. Sie zeigen auch Möglichkeiten für einen angemessenen Schutz der Biodiversität auf – von der erhöhten Datenproduktion und -verfügbarkeit bis hin zur Bekämpfung der Ursachen des Biodiversitätsverlusts, einschliesslich Armut und Ernährungsunsicherheit.

> Ralimanana H. et al., Madagascar’s extraordinary biodiversity: Threats and opportunities, Science
> Antonelli A. et al., Madagascar’s extraordinary biodiversity: Evolution, distribution, and use, Science
> Zizka A. et al., IUCNN – Deep learning approaches to approximate species' extinction risk, Diversity and Distributions