Beschreibung |
In der Schweiz der Nachkriegszeit ist die Geschichte der Jugend durch eine doppelte Entwicklung geprägt. Zum einen kümmern sich die politischen und gesellschaftlichen Eliten verstärkt um Jugendfragen, und es gibt erste Versuche, eine Jugendpolitik in die Wege zu leiten. Zum anderen tritt die Jugend zunehmend als gesellschaftlicher Akteur in Erscheinung, es entstehen Jugendkulturen und die Jugend mischt sich in die Politik ein. Die Jugend ist die Alterskategorie, die am stärksten von den Widersprüchen der schweizerischen Gesellschaft betroffen ist: Der Aufschwung des Konsums und die Erweiterung technischer Möglichkeiten stehen im Gegensatz zu konservativen sozialen, schulischen, erzieherischen und familiären Strukturen und zum Fortbestehen bestimmter Diskriminierungen (Geschlecht, Nationalität), mit denen besonders Jugendliche konfrontiert sind. Die Geschichtsschreibung zu Jugend hat bisher vor allem die soziale Konstruktion dieser Alterskategorie durch kulturelle Produktionen, mediale Darstellungen, Expertendiskurse und behördliche Massnahmen untersucht. Seltener ist diese Geschichte aus der Sicht der Jugendlichen erzählt worden, ihre Erfahrungen und ihre Wahrnehmung historischer Transformationen, die Erfindung neuer Jugendkulturen und Lebensweisen, ihre politische Partizipation. Die Schweiz ist ein anschauliches Beispiel, um diese Konstruktionen und Manifestationen der Jugend in den einzelnen Sprachregionen aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und in transnationale Forschungsdiskussionen einzubetten. Lernziele Es handelt sich um zweisprachiges Seminar, in dem sich Dozierende und Studierende der Zeitgeschichte / Histoire contemporaine in ihrer jeweiligen Sprache ausdrücken. Ziel des Seminars ist es, sich folgende Kompetenzen anzueignen: - Kenntnisse über das Thema durch die Lektüre und Diskussion von Texten aus der angelsächsischen, deutsch- und französischsprachigen Forschungsliteratur - Durchführung einer eigenen Forschung mit Quellenrecherche und Verfassen einer Seminararbeit Modalitäten Für das Seminar, inkl. Seminararbeit, erhalten Studierende 9 ECTS. Im deutschsprachigen MA-Studium der Zeitgeschichte gehört das zweisprachige Seminar zum Modul «Transversalität». Die Zahl der Teilnehmenden ist auf 20 beschränkt. Literatur Blanchard Véronique, Revenin Régis, Yvorel, Jean-Jacques (dir.), Les jeunes et la sexualité. Initiations, interdits, identités (XIXe-XXIe siècles), Éditions Autrement, Paris 2010. Caron Jean-Claude (dir.), Les âmes mal nées. Jeunesse et délinquance urbaine en France et en Europe (xixe-xxie siècle), Presses universitaires de Franche-Comté, Besançon 2008. Jobs Richard Ivan, Pomfret David M. (Hg.), Transnational Histories of Youth in the Twentieth Century, Basingstoke 2015. Stapferhaus Lenzburg (Hg.), A Walk on the Wild Side. Jugendszenen der Schweiz von den 30er-Jahren bis heute, Zürich 1997. |