Gesundheit15.12.2025

Aufgepasst: Nahrungsergänzungsmittel auf Pflanzenbasis können gefährlich sein!


Eine Studie, die unter der Leitung der Universität Freiburg in Zusammenarbeit mit der Universität Lausanne und der Universität Genf durchgeführt wurde, zeigt: In der Schweiz erhältliche Nahrungsergänzungsmittel auf Basis von Kalmegh (Andrographis paniculata) sind mehrheitlich von schlechter Qualität, falsch etikettiert und teilweise mit giftigen Substanzen kontaminiert.

Seit Beginn der COVID-19-Pandemie sind die Verkäufe von Nahrungsergänzungsmitteln auf Basis von Andrographis paniculata, die zur Behandlung von Atemwegsinfektionen vermarktet werden, in der Schweiz und anderswo stark gestiegen. Da sie nicht als Arzneimittel registriert sind, unterliegen Präparate auf Basis dieser aus Indien und Sri Lanka stammenden Pflanze nicht den strengen Qualitätskontrollen, denen pharmazeutische Produkte unterliegen.

Irreführende Etikettierung und häufige Kontamination
Die Forschenden der Universitäten Freiburg, Lausanne und Genf analysierten 40 Produkte, die in 13 Ländern gekauft wurden; 27 davon waren in der Schweiz online erhältlich. Mithilfe hochmoderner phytochemischer Analysen stellten sie fest:

  • Lediglich zwei Produkte enthielten die auf dem Etikett angegebene Menge an Andrographolid (Wirkstoff).
  • Zwanzig Produkte waren unter- oder überdosiert.
  • Drei online erworbene Produkte enthielten giftige Schadstoffe, namentlich Quecksilber und verbotene Pestizide (Strychnin, Butralin).

«Diese Ergebnisse zeigen, dass viele Verbraucher_innen Produkte kaufen, die nicht das sind, was sie vorgeben zu sein – manchmal mit gesundheitlichen Risiken», erklärt Angélique Bourqui, Pharmazeutin an der Universität Freiburg und Erstautorin. «Der qualitative Unterschied zwischen Nahrungsergänzungsmitteln und zugelassenen Arzneimitteln auf Pflanzenbasis ist frappierend und bringt eine Regelungslücke zutage, die dringend geschlossen werden muss.»

Schwache Regulierung, zunehmende Risiken
Für pflanzenbasierte Nahrungsergänzungsmittel muss im Gegensatz zu Phytopharmaka kein klinischer Nachweis der Sicherheit, Wirksamkeit oder Qualität erbracht werden, bevor sie in der Schweiz, in Europa oder in den USA auf den Markt kommen – und danach werden sie selten kontrolliert.

Die online gekauften Produkte wiesen die grössten Probleme auf, da drei von ihnen mit Schwermetallen oder Pestiziden kontaminiert waren.

«Wer im Internet Nahrungsergänzungsmittel auf Pflanzenbasis kauft, geht grosse Risiken ein», warnt Prof. Pierre-Yves Rodondi, Co-Autor und Professor für Hausarztmedizin an der Universität Freiburg.

«Ohne eine angemessene Regulierung und eine unabhängige Kontrolle haben die Verbraucher_innen keinerlei Garantie dafür, was sie tatsächlich einnehmen.»

Folgen für Verbraucher_innen sowie Fachpersonen
«‹Natürlich› heisst nicht immer ‹sicher›», gibt Prof. Rodondi zu bedenken. «Unterdosierte Produkte können unwirksam sein; kontaminierte Produkte können gefährlich sein.»

Die Forschenden empfehlen mehrere Massnahmen:

  • Verstärkung der Qualitätskontrollen und Einführung unabhängiger Zertifizierungssysteme zur Gewährleistung von Zusammensetzung und Reinheit der Produkte
  • Ausgewogener Ansatz mit einer Kombination aus besserer Etikettierung, unabhängiger Zertifizierung und Orientierung der Öffentlichkeit, um die Sicherheit der Verbraucher_innen zu erhöhen, ohne dabei kleine Produktionsbetriebe zu bestrafen
  •  Aufklärungsarbeit bei Gesundheitsfachpersonen, damit diese die Patient_innen zu ihrem Konsum von Nahrungsergänzungsmitteln befragen können, insbesondere bei nicht erklärbaren Symptomen oder Verdacht auf Vergiftung

«Unsere Ergebnisse bedeuten nicht, dass Produkte auf Pflanzenbasis zu meiden sind», meint Prof. Rodondi abschliessend. «Sie unterstreichen die Notwendigkeit einer überprüfbaren und vertrauenswürdigen Qualität. Die Schweiz könnte eine Vorreiterrolle bei der Transparenz in diesem stark wachsenden Sektor einnehmen.»

Bourqui A, Morin H, Huber R, Csajka C, Podmore C, Wolfender JL, Ferreira EQ, Rodondi PY. Quality assessment of Andrographis paniculata products reveals significant labelling inaccuracies and contaminations. Swiss Med Wkly. 2025;155(12):4728. doi:10.57187/s.4728