Kunstgeschichte04.06.2025
Freiburg erweckt bemalte Fassaden zu neuem Leben
Die Universität Freiburg richtet vom 10. bis 12. Juni 2025 das internationale Kolloquium The Adorned City aus, als krönenden Abschluss eines ehrgeizigen vierjährigen Forschungsprojekts zur Untersuchung bemalter Fassaden aus der Frühen Neuzeit. Das Event bringt Kunsthistoriker_innen, Konservator_innen und Forschende aus ganz Europa zusammen, um ein spektakuläres, wenn auch wenig bekanntes städtisches Erbe neu zu beleuchten – ein Erbe, das Zeugnis ablegt von den politischen, sozialen und ästhetischen Identitäten, die im 15. bis 18. Jahrhundert die europäischen Städte prägten.
Das Forschungsprojekt La ville ornée. Pour une étude globale des façades peintes à l’époque moderne (Suisse/Europe), gestartet 2021 unter der Leitung von Prof. Dr. Jérémie Koering von der Universität Freiburg und unterstützt durch den Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (SNF), geht nun zu Ende. Zum Abschluss findet in Freiburg vom 10. bis 13. Juni 2025 ein internationales Kolloquium statt. Dieses Wegbereiterprojekt hatte zum Ziel, bemalte Fassaden wieder ins Zentrum der visuellen Geschichte von Europas Städten zu rücken. Ob in Basel oder Trient, in Prag oder Luzern – die üppigen Verzierungen, lange Zeit an den Rand der Historiografie gedrängt, wurden in ihrer ganzen künstlerischen, politischen, sozialen und rechtlichen Vielfalt erforscht. Mit einer europaweiten vergleichenden Analyse führt das Projekt zu einem vertieften Verständnis dieses wichtigen gestalterischen Phänomens.
Wissenschaftliche Ergebnisse und innovative Werkzeuge
Eines der Hauptergebnisse des Projekts La ville ornée ist eine neu geschaffene, frei zugängliche Datenbank, in der über hundert bemalte Fassaden – teils noch erhalten, teils nicht – aus dem 15. bis 18. Jahrhundert in ganz Europa kartiert und dokumentiert sind. Die entsprechende Plattform soll ab September 2025 über Google Maps abgerufen werden können und stellt ein neuartiges Werkzeug dar für Forschung, Lehre und Inwertsetzung des städtischen Kulturerbes.
Zwei Doktorierende, ein Postdoc, ein Senior Researcher und der Projektleiter vereinten ihre Kräfte, um die Entstehung und weitere Entwicklung des Phänomens zu untersuchen, ein gefährdetes Kulturerbe in Wert zu setzen und mehrere Themenbereiche fachübergreifend zu erforschen: bemalte Uhren in Europa, die Bedeutung verzierter Fassaden sowie die damit verbundenen politischen und sozialen Problematiken. Untersucht wurden auch die Rolle von Auftraggebenden, die Zirkulation von Stilen zwischen geografischen und kulturellen Regionen sowie die durch derartige Malereien im öffentlichen Raum hervorgerufenen religiösen und politischen Spannungen. Bemalte Fassaden, so wird deutlich, sind nicht blosse Verzierungen, sondern tragen für städtische Gesellschaften typische Ansprüche und Spannungsfelder in sich.
An der Schnittstelle zwischen wichtigen Kulturregionen und Kunsträumen zeigen die bemalten Fassaden der Schweiz eine bunte Mischung von Motiven und Stilen, beeinflusst aus dem italienischen und dem deutschen Raum – ein Zeichen für die Zirkulation von Motiven und Kunstschaffenden.
Ein Kolloquium, das Bilder an Fassaden hinterfragt
Das internationale Kolloquium mit dem Titel The Adorned City. A History of Painted Façades in the Modern Era bildet den Schlusspunkt dieses breit angelegten kollektiven Unterfangens. Knapp dreissig Forschende aus ganz Europa kommen zusammen, um sich fachübergreifend zum Thema bemalte Fassaden als Raum für künstlerischen, politischen und sozialen Ausdruck auszutauschen. Die Beiträge befassen sich mit der Figur des Auftraggebers und des Künstlers, mit den technischen und vertraglichen Bedingungen auf der Baustelle, der länderübergreifenden Zirkulation von Motiven und Stilen sowie den Verbindungen zwischen Bild und öffentlichem Raum. Die Veranstaltung bietet zudem den idealen Rahmen für die offizielle Präsentation der Projektdatenbank – eines Referenztools, das in der kunstgeschichtlichen Forschung sowie auf dem Gebiet der Geschichte des Kulturerbes Massstäbe setzen dürfte.
Vollständiges Programm: https://www.unifr.ch/art/fr/recherche/projets-de-recherche/la-ville-ornee/