Arbeitsmobilität08.03.2023

Mit einer Aufenthaltsbewilligung arbeiten die Menschen mehr und länger


Ausländische Arbeitskräfte weisen nach Erhalt einer Aufenthaltsbewilligung im Zielland eine um fast 25 Prozentpunkte höhere Beschäftigungsquote auf. Ein Forschungsteam der Universität Freiburg hat diesen positiven Effekt anhand einer Auswertung der Lotterie für Aufenthaltsbewilligungen in Liechtenstein festgestellt.

Wie kann ein Land Arbeitskräfte anlocken und binden? Diese Frage ist vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels auch für Industrieländer von zentraler Bedeutung, Wirtschaftswachstum und Innovation können davon abhängen. Eine kürzlich publizierte Studie der Doktorandin Selina Gangl und der Professoren Martin Huber und Berno Büchel von der Universität Freiburg zeigt einen positiven Effekt der Vergabe von Aufenthaltsbewilligungen auf die Arbeitsmarktintegration von ausländischen Arbeitskräften. Dazu nutzten die Forschenden Daten der Lotterie für Aufenthaltsbewilligungen, die ausländischen Arbeitskräften zweimal jährlich zufällig das Recht zuteilt, nach Liechtenstein zu ziehen, sofern sie bereits über einen Arbeitsvertrag in Liechtenstein verfügen und aus einem EWR-Land stammen.

Positive Auswirkungen auch auf den Beschäftigungsgrad
Die Forschenden analysierten die Daten aus den Lotterien der Jahre 2006 bis 2016 mit 350 Personen, die in der Lotterie erfolgreich waren, sowie 2’795 Personen, die nicht gezogen wurden.
Die Auswertung der Jahre zwei bis zwölf nach dem jeweiligen Lotterieentscheid zeigt deutliche Ergebnisse: Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person während der nächsten Jahre in Liechtenstein arbeitet, erhöht sich um ungefähr 25 Prozentpunkte, wenn sie eine Aufenthaltsbewilligung erhält. Ausserdem ist der Beschäftigungsgrad durchschnittlich um etwa 20 Prozent höher.

Gründe sind offen
Die Daten, die den Forschenden für ihre Studie zur Verfügung standen, lassen keine belegbaren Rückschlüsse auf die möglichen Gründe für die positiven Arbeitsmarkteffekte zu. Auf Basis anderer Studien kann jedoch vermutet werden, dass insbesondere eine vorteilhafte Besteuerung und kürzere Pendelzeiten wichtige Faktoren für die Bewerbung um eine Aufenthaltsbewilligung sind – auch für Personen aus dem nahen Ausland.

Interessant für Schweizer Grenzregionen
Lassen sich die Schlüsse der Studie auch auf die Schweiz übertragen?
«Liechtenstein hat durch seine geringe Grösse eine besondere Ausgangslage», erklärt Selina Gangl. «56 Prozent der im Land Arbeitstätigen pendeln jeden Tag über die Grenze». In der Schweiz liessen sich die Ergebnisse deshalb am ehesten auf die Grenzregionen übertragen. Zwar würden sich die Wirtschaftsstrukturen von Land zu Land unterscheiden, doch seien manche der wirtschaftlichen Sektoren, die in Liechtenstein stark vertreten sind, auch in der Schweiz bedeutend, verdeutlicht Martin Huber.

Generell zeigt die Studie auf, dass Aufenthaltsbewilligungen ein Instrument sein können, um ausländische Schlüsselarbeitskräfte anzulocken und besser zu binden.
Diese Informationsbasis kann der Politik helfen, den Nutzen von Aufenthaltsbewilligungen in Bezug auf die Arbeitsmarktintegration von ausländischen Arbeitskräften den potenziellen Kosten – etwa für steigende Wohnungspreise oder Investitionen in die öffentliche Infrastruktur – gegenüberzustellen.

> Referenz: Büchel, B.; Gangl S.; Huber, M.
How residence permits affect the labor market attachment of foreign workers: Evidence from a migration lottery in Liechtenstein