Forschung06.09.2022

Brustkrebs: Durchbruch bei der Behandlung von Komplikationen im Gehirn


Hirnmetastasen sind eine Spätkomplikation von Brustkrebs und verkürzen die Lebenserwartung der betroffenen Frauen erheblich. Mithilfe eines neuen präklinischen Modells haben Forschende der Universität Freiburg einen der Mechanismen, die an dieser fatalen Entwicklung beteiligt sind, sowie neue therapeutische Ziele identifiziert. Wichtige Ergebnisse, die auf neue Behandlungsmöglichkeiten hindeuten.

Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen, sowohl in der Schweiz als auch weltweit. In den letzten Jahrzehnten wurden bedeutende therapeutische Fortschritte gemacht, wobei sich nicht nur die Lebensqualität der Patientinnen, sondern auch die Überlebensrate verbessert hat. Leider führt die Krankheit in einigen Fällen zur Bildung von Tochtergeschwülsten in anderen Organen, den sogenannten Metastasen. Ihre Behandlung stellt eine grosse Herausforderung in der klinischen Onkologie dar, insbesondere bei Befall des Gehirns. Die Zahl der Fälle nimmt zu, während die zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten begrenzt bleiben.

Ein neues Modell der spontanen Metastasen im Gehirn
Das Fehlen von experimentellen Modellen, die für die Situation bei Patientinnen repräsentativ sind, stellt ein grosses Hindernis für die Forschung auf diesem Gebiet dar. Das Team von Professor Curzio Rüegg hat in Zusammenarbeit mit Forschungsgruppen der Universitäten Bern, Bordeaux und Lausanne, des CHUV, des Ludwig-Instituts und des Schweizerischen Instituts für Bioinformatik in Lausanne eine Studie veröffentlicht, die diese Lücke schliesst und neue Behandlungsansätze vorschlägt. Die Hauptautorin der Studie, Dr. Girieca Lorusso, und ihr Team entwickelten zunächst ein neues Modell der Hirnmetastasen für einen Subtyp des Brustkrebses, der als «triple-negativ» bezeichnet wird. Dieses Modell ist einzigartig in seiner Art, da es spontan die Schritte des Metastasierungsprozesses zum Gehirn nachbildet, wie sie bei den Patientinnen vorkommen. Durch die Kombination von Techniken der funktionellen Genomik, zell- und tierbiologischen Experimenten, genetischen und pharmakologischen Eingriffen entdeckten sie eine Klasse von Molekülen auf der Oberfläche von Krebszellen: die Connexine, die für einen neuen Mechanismus der Metastasierung verantwortlich sind. Connexine wirken durch die Aktivierung eines intrazellulären Moleküls (FAK, für Focal adhesion kinase), das dann weitere molekulare Ereignisse koordiniert, die das Überleben der Tumorzellen während ihrer «Reise» zum Gehirn und, einmal im Gehirn, dessen Kolonisierung ermöglichen.

Neue Wege in der Therapie
Durch die Hemmung einer Reihe von Molekülen, die an diesem Mechanismus beteiligt sind, insbesondere FAK, konnten die Forschenden bei Mäusen nicht nur die Bildung von Hirnmetastasen verhindern, sondern auch deren Fortschreiten stoppen. Darüber hinaus haben sie bereits ein zweites Molekül, den PDGF-Rezeptor, identifiziert, dessen Hemmung ebenfalls ermutigende therapeutische Wirkungen gezeigt hat. Da sich einige FAK-Inhibitoren derzeit in der klinischen Entwicklung befinden und Inhibitoren des PDGF-Rezeptors bereits in einigen onkologischen Behandlungen eingesetzt werden, ist zu hoffen, dass ihre antimetastatischen Wirkungen bald in klinischen Studien getestet werden. Diese originellen und bemerkenswerten Ergebnisse eröffnen neue therapeutische Perspektiven, um die Behandlung von Patientinnen mit Hirnmetastasen bei Brustkrebs zu verbessern.

Die Studie wurde soeben in der Zeitschrift Science Translational Medicine veröffentlicht.