GEOWISSENSCHAFTEN03.12.2015

Freiburg - eine unbekannte seismische Zone


Der Grossraum Freiburg muss mit Erdbeben der Stärke 6 auf der Richterskala rechnen. Ursache dafür ist eine geologische Störungszone in Stadtnähe. Dies zeigt eine neue Studie der Universität Freiburg.

Die Stadt Freiburg ist nicht entlang der San-Andreas-Verwerfung gebaut – und doch ist sie vor Erdbeben nicht gefeit. In ihrer Doktorarbeit zeigt Naomi Vouillamoz, dass im Raum Freiburg Erschütterungen der Stärke 5 und höher auf der Richterskala durchaus möglich sind. Die Studie hat jedoch noch weitere interessante Aspekte: Einerseits ermöglicht sie eine präzisere Beurteilung der seismischen Risiken für das Atomkraftwerk Mühleberg. Andererseits wirft sie neues Licht auf das geothermische Potenzial der Region Freiburg.

Modernste Technik im Einsatz

Seit Menschengedenken ist Freiburg erdbebensicher – es gibt keine Aufzeichnungen zu verheerenden Erschütterungen im Kanton. Seismische Aktivitäten sind jedoch tatsächlich schon vorgekommen, man muss sie nur auch spüren. Zwischen 2010 und 2013 registrierte Vouillamoz dank modernsten seismischen Analysengeräten über 300 seismische Ereignisse an der Erdoberfläche (bis rund 2km Tiefe). Diese Ereignisse zeugen von der Existenz einer aktiven Störungszone auf einer Fläche von 5-10km. Eine geologische Struktur, die an Vuache bei Annecy erinnert. Diese hat 1996 mit einem Beben der Stärke 5.3 erhebliche Schäden angerichtet.

Auswirkungen auf Kernenergie und Geothermie

„Keine Panik“, beschwichtigt Vouillamoz „Mühleberg sollte Erdbeben der Stärke 6 standhalten können“. Nichtsdestotrotz ist die Schweiz ungenügend vorbereitet: „Seismische Standards wurden erst in den späten 80er-Jahren verabschiedet. Viele Gebäude sind nicht ausreichend für dieses Risiko gerüstet“.

Die Neuigkeiten zur Tiefengeothermie sind erfreulicher, geologische Klüfte sind ideal zur Wärmeübertragung. Der Nachteil ist aber, dass das Einspritzen von Flüssigkeit in offene Bruchzonen gewisse Risiken trägt. „Die dabei verursachten Erschütterungen werden von der Bevölkerung wahrgenommen, so schon in Basel und St. Gallen geschehen. Dort mussten sie die Geothermieprojekte abbrechen, weil die Kommunikation zwischen der Wissenschaft und der Bevölkerung nicht richtig funktioniert hat.“ Zur Erinnerung: in Freiburg wäre die blueFACTORY ein möglicher Standort für Tiefengeothermie.

Kontakt:
Naomi Vouillamoz, Einheit Erdwissenschaften im Departement für Geowissenschaften, Universität Freiburg, 00491733267240, naomi.vouillamoz@unifr.ch.

Originaltitel der Studie: „Microseismic characterisation of Fribourg area (Switzerland) by nanoseismic monitoring“, Gewinner des CHGEOL Award 2015.