Medical Humanities

Kulturelle Dimensionen der Medizin – medikale Dimensionen der Kultur

Wir sind ein Team aus Literaturwissenschaftlern, Medizin- und Wissenschaftshistorikern und verstehen die Medical Humanities als einen neuen, transdisziplinären Ansatz, der zu einem besseren Verständnis der Medizin beitragen soll. Aus der Perspektive der Geistes- und Sozialwissenschaften erscheint ‘Medizin’ als komplexes Zeichensystem einerseits, als wissenschaftliche, soziale und kommunikative Praxis andererseits, die in multiple Kontexte eingebettet ist und nur aus diesen heraus verständlich wird. Auf der Basis dieser Grundsatzüberzeugungen gibt es allerdings Unterschiede zwischen Lehre und Forschung:

Unser Unterrichtsprogramm richtet sich an Medizinstudierende, ist ein verpflichtender Bestandteil ihres Studiums und zielt auf die Medizin der Gegenwart. Sie soll unter der Optik ihrer eigenen Kultur-, Ideen- und Mediengeschichte, ferner ihrer Akteure, Rollen, diskursiven Spielregeln und Handlungsräume beleuchtet und besser verstanden werden. Das Programm orientiert sich demnach am Prinzip der angewandten Geistes- und Sozialwissenschaften, die einem ihnen selbst äusserlichen Ziel dienen.

Unsere Forschung hingegen ist historisch und texttheoretisch ausgerichtet und an der Schnittstelle der beiden, am Lehrstuhl vertretenen Disziplinen angesiedelt: germanistische Literaturwissenschaft und Medizingeschichte. Damit akzentuiert unsere Forschung weniger die normative und engagierte Seite der Medical Humanities als deren analytisch-hermeneutische Dimension: Das Interesse gilt dem historischen Gewordensein der Medizin und der Lebenswissenschaften, ihren Medien, Gattungen, Praktiken und Symbolsystemen, und zwar vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Andersherum verfolgen wir kultur- und literaturgeschichtliche Fragestellungen unter den Bedingungen einer seit dem frühen 19. Jahrhundert zunehmenden Medikalisierung und Verwissenschaftlichung. Das Spektrum reicht von der ‚Erfindung‘ des kranken Kindes in den Zeitschriften des 19. Jahrhunderts über die Reiseberichte der jungdeutschen Literatengeneration und die Literatur der Weimarer Republik aus Disability-Studies-Perspektiven bis zur Geschichte und Narratologie der Fachtextsorte ‚Arztbrief‘.

 

Isaak Cruikshank: The Doctor and Unruly Patient (coloured etching, 1797)
Léon Augustin Lhermitte: La Leçon de Claude Bernard, ou Séance au laboratoire de vivisection (huile sur toile, 1889)

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Martina King

Ordentliche_r Professor_in

Ordentliche Professorin, Lehrstuhl Medical Humanit...

PER 17 - 115
+41 26 300 8672

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