Mitgliederrechte

  • Wie werde ich Mitglied einer Religionsgemeinschaft?

    Die Mitgliedschaft richtet sich zunächst nach dem internen Recht der Religionsgemeinschaft. In den christlichen Kirchen wird man grundsätzlich durch die Taufe Mitglied. Da die Taufe ein Sakrament ist, kann sie nur einmal im Leben gespendet werden. Für einen Wiedereintritt oder den Wechsel zu einer anderen christlichen Kirche erfolgt die Mitgliedschaft dementsprechend nicht durch die Taufe, sondern durch ein Eintrittsgesuch.

    Der Staat erfasst die Mitgliedschaft in einer anerkannten Religionsgemeinschaft sodann bei Anmeldung auf der kommunalen Einwohnerkontrolle und auf der jährlichen Steuererklärung. Eltern erklären in diesem Moment auch die Konfessionszugehörigkeit ihrer minderjährigen Kinder. Steuerpflichtige haben ab dem Kircheneintritt Kirchensteuern zu bezahlen.

  • Was sind die Rechte und Pflichten der Mitgliedschaft?

    Mitglieder einer Kirche haben Zugang zu den Sakramenten und Kasualien der betreffenden Kirche. Grundsätzlich sind kirchliche Dienste – vorbehaltlich Sonderwünsche – für Mitglieder unentgeltlich. Ausserdem haben Kirchenmitglieder ein Stimm- und Wahlrecht. Im Gegenzug dafür haben steuerpflichtige Mitglieder die Kirchensteuer zu bezahlen.

  • Wie ist das Stimm- und Wahlrecht geregelt?

    Das Stimm- und Wahlrecht in den Kirchen ist auf kantonaler Ebene geregelt. Die Kirchen sehen dafür ein Mindestalter vor und können zusätzliche Anforderungen, wie zum Beispiel eine Mindestwohndauer am Ort der Kirchgemeinde, vorsehen. Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit profitieren trotz fehlendem Stimm- und Wahlrecht auf staatliche Ebene regelmässig von einem Stimm- und Wahlrecht in den Kirchen.

  • Wie kann ich aus der Kirche austreten?

    Der Kirchenaustritt erfolgt durch eine Austrittserklärung der austrittswilligen Person. Dabei müssen unter Umständen Formvorschriften der jeweiligen Kirche eingehalten werden. Der Austritt aus einer Kirche ist jederzeit möglich und die Kirche darf den Austritt nicht unnötig erschweren oder verzögern (BGE 104 IA 79, E. 3). Die Wirkungen der Austrittserklärung im internen Bereich bestimmt die jeweilige Kirche selber. Mit dem Austritt verliert man die meisten Mitgliederrechte. Die Kirche informiert die Steuerabteilung der Wohnsitzgemeinde über den Austritt, denn mit dem Austritt entfällt die Kirchensteuerpflicht.

    Die römisch-katholische Kirche ist in der Schweiz auf kantonaler Ebene als «Landeskirche» organisiert. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung darf eine Person aus der Landeskirche austreten und dennoch Mitglied der römisch-katholischen Weltkirche bleiben (BGE 134 I 75, E. 7). Eine andere Regelung wäre mit der Religionsfreiheit nicht vereinbar, da in diesem Fall die austrittswillige Person gezwungen würde, sich von ihrem Glauben loszusagen.

  • Kann ein Nichtmitglied kirchliche Dienste beanspruchen?

    Nichtmitglieder haben keinen Rechtsanspruch auf kirchliche Dienste. Viele Kirchen sind aber bereit, kirchliche Dienste wie Hochzeiten und Beerdigungen auch für Nichtmitglieder zu leisten. Dafür wird normalerweise eine Vergütung verlangt. Im konkreten Fall ist dafür Kontakt mit der betreffenden Kirche aufzunehmen.

Weiterführende Literatur

  • Cavelti, Urs Josef, Kirchenrecht im demokratischen Umfeld, Ausgewählte Aufsätze, Freiburg i. Ü. 1999, S. 173 ff.
  • Famos, Cla Reto, Kasualhandlungen an Nichtmitgliedern aus juristischer und theologischer Sicht, in: Kraus, Dieter et al. (Hrsg.), Schweizerisches Jahrbuch für Kirchenrecht, Band 10/2005, Bern 2006, S. 33 ff.
  • Gerosa, Libero, «Kirchenaustritt»: Austritt aus der Kirche oder lediglich Austritt aus einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft?, in: Gerosa, Libero / Müller, Ludger (Hrsg.), Katholische Kirche und Staat in der Schweiz, Zürich 2010, S. 147 ff.
    Auch auf Französisch und Italienisch verfügbar:
    Gerosa, Libero, «Kirchenaustritt»: sortie de l’Eglise ou simple sortie d’une corporation de droit public?, in: Gerosa, Libero / Pahud de Mortanges, René (Hrsg.), Eglise catholique et Etat en Suisse, Genf/Zürich/Basel 2010, S. 177 ff.
    Gerosa, Libero, «Kirchenaustritt»: uscita dalla Chiesa o semplice uscita da una corporazione di diritto pubblico?, in: Gerosa, Libero, Chiesa Cattolica e Stato in Svizzera, Atti del Convegno della Conferenza die Vescovi Svizzeri, Lugano 3-4 novembre 2008, Locarno 2009, S. 221 ff.
  • Kosch, Daniel, Kirchliche Gebühren für «Nichtmitglieder»? Praxisbezogene Überlegungen, in: Kraus, Dieter et al. (Hrsg.), Schweizerisches Jahrbuch für Kirchenrecht, Band 12/2007, Bern 2008, S. 119 ff.
  • Pacillo, Vincenzo, Il Tribunale federale ammette la partieller Kirchenaustritt (nota alla Decisione del Tribunale federale svizzero 134 I 75, Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X. Gegen Katholische Kirchgemeinde Luzern sowie Römisch-katholische Landeskirche des Kantons Lozern del 16 novembre 2007), in: Gerosa, Libero et al. (Hrsg.), Veritas et Jus 1 (2010), S. 123 ff.
  • Pahud de Mortanges, René, Die Erklärung des Austritts aus der römisch-katholischen Kirche. Kirchenrechtliche und staatskirchenrechtliche Konsequenzen, in: Kraus, Dieter et al. (Hrsg.), Schweizerisches Jahrbuch für Kirchenrecht, Band 8/2003, Bern 2004, S. 103 ff.
  • Pahud de Mortanges, René, Die Erklärung des (partiellen) Austritts aus der evangelisch-reformierten Kirche. Eine kirchenrechtliche und staatskirchenrechtliche Einschätzung anhand der neueren Bundesgerichtspraxis, in: Kraus, Dieter et al. (Hrsg.), Schweizerisches Jahrbuch für Kirchenrecht, Band 14/2009, Bern 2010, S. 91 ff.
  • Zeindler, Matthias, Kirchliche Dienste für Nichtmitglieder? Theologische Überlegungen in einem schwierigen Feld, in: Kraus, Dieter et al. (Hrsg.), Schweizerisches Jahrbuch für Kirchenrecht, Band 12/2007, Bern 2008, S. 93 ff.