Publikationsdatum 13.03.2023
Forschende fordern einen besseren Umgang mit Nanoabfällen
Abfälle, die Nanomaterialien enthalten (kurz: Nanoabfälle) stellen weltweit ein wachsendes Sicherheitsproblem dar, das einen umweltverträglichen Umgang und noch zu schaffende Regulierungen erfordert. Wissenschaftler_innen der Universität Freiburg zeigen die derzeitigen Lücken auf und schlagen erste Lösungsansätze vor.
Zu Nanoabfällen gehören Produktionsabfälle, ausgediente nanotechnologische Produkte sowie Abfälle, die (unbeabsichtigt) mit künstlichen Nanomaterialien verunreinigt sind. Schätzungen zufolge landen weltweit mehr als 60 Prozent der produzierten Nanomaterialien (bis zu 300’000 Tonnen pro Jahr, Nanoplastik nicht mitgerechnet) auf der Deponie. Obwohl es derzeit keine globalen Definitionen oder Klassifizierungen für Nanomaterialien oder Nanoabfälle gibt, müssen greifbare Lösungen für Risikobewertung, Kategorisierung, Kennzeichnung, Sammlung, Lagerung, Transport, Recycling und Entsorgung gefunden werden.
In einem Kommentar in der führenden wissenschaftlichen Fachzeitschrift Nature Nanotechnology sprechen sich Forschende der BioNanomaterials Group des Adolphe Merkle Instituts zusammen mit Kolleg_innen der Universität Freiburg und der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne für eine Sensibilisierung aus sowie für die Notwendigkeit, technisch und rechtlich verbindliche Richtlinien für Nanoabfälle auszuarbeiten, die sich strikt am Vorsorgeprinzip orientieren. Diese Richtlinien sollten auf den neuesten Erkenntnissen über das Verhalten von Nanomaterialien und eine flexible Definition derselben gründen.
Pragmatismus bis zur Einführung allgemeingültiger Gesetze
Die Entwicklung dieser ersten Richtlinien erfordert spezifische Risikobewertungen der jeweils anfallenden Nanoabfälle, ein detailliertes Verständnis der nationalen und internationalen Vorschriften für gefährliche Abfälle und Materialien sowie die Zusammenarbeit mit dem Laborpersonal, um einfach umsetzbare Verfahren zur Sammlung, Lagerung und Beseitigung dieser Abfälle zu finden.
Wie die Forscher betonen, wurde am Adolphe Merkle Institut in Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbeauftragten der Universität Freiburg bereits eine Reihe von Massnahmen umgesetzt. Dazu gehören die ordnungsgemässe Kennzeichnung und Lagerung gemäss der nationalen und internationalen Gefahrstoffgesetzgebung, da derzeit keine spezifischen Vorschriften für Nanoabfälle existieren. Die Wissenschaflter haben zudem detaillierte Richtlinien für die fachgerechte Entsorgung von Nanoabfällen erstellt.
Innovationen nicht behindern
Für Forschungslabors sind solche Richtlinien aufgrund der hohen Komplexität der erzeugten Abfälle, der Vielfalt an ungeprüften Materialien und der grossen Anzahl verschiedener Labornutzer_innen besonders wichtig, so die Autorenschaft. In Zukunft könnten eindeutigere Regeln für Nanoabfälle, wie z. B. spezifische Piktogramme, auch dazu beitragen, den Umgang mit Nanoabfällen in der Industrie zu harmonisieren, die falsche Einstufung gefährlicher Stoffe in nicht gefährliche Kategorien zu verhindern und die unbeabsichtigte Belastung von Mensch und Umwelt durch gefährliche Nanomaterialien zu vermeiden.
Die im Artikel vorgestellten Empfehlungen richten sich an Forschende und politische Entscheidungsträger in Wissenschaft und Industrie. Zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt empfiehlt die Autorenschaft, das Bewusstsein für den Umgang mit Nanoabfällen zu schärfen und entsprechende Massnahmen zu ergreifen sowie die Handhabung von Nanoabfällen ausdrücklich in multinationale Abkommen aufzunehmen. Ausserdem warnen sie die politischen Entscheidungsträger davor, mit zweierlei Mass zu messen, da dies den Ersatz gefährlicherer konventioneller Chemikalien durch neue, weniger schädliche und besser abbaubare Nanomaterialien behindern würde.
Reference: Schwab, F.; Rothen-Rutishauser, B.; Scherz, A.; Meyer, T.; Karakoçak, B. B.; Petri-Fink, A. The Need for Awareness and Action in Managing Nanowaste. Nat. Nanotechnol. 2023, 1–5.