RektoratPublikationsdatum 22.10.2025

Institutionelle Positionierung im Zusammenhang mit geopolitischen Themen


Im Zuge aktueller geopolitischer Konflikte werden Hochschulen vermehrt von Interessengruppen aufgefordert, zu einem Konflikt Stellung zu beziehen. Mitunter wird zudem gefordert, bestimmte Aktivitäten im Bereich der Forschung, der Lehre oder der internationalen Zusammenarbeit einzuschränken. Wie bei anderen Universitäten stellt sich deshalb auch in Freiburg die Frage, inwiefern das Rektorat in (akademische) Freiheiten eingreifen und ob es als Gremium, das die Institution vertritt, Stellung beziehen soll.

Auftrag und Rolle der Universität
Die Universität Freiburg ist keine politische Akteurin. Sie hat den Auftrag, wissenschaftliche Erkenntnisse mit Objektivität und Toleranz zu vermitteln und zu fördern, sowie methodisches, kritisches und ethisches Denken zu entwickeln. Die Lehr- und Forschungsfreiheit ist im Rahmen der Bundes- und Kantonsverfassung, des Hochschulförderungs- und -koordinationsgesetzes, der kantonalen Rechtsakte zur Universität, ihrer Statuten und des Auftrags der Universität gewährleistet. Die Universität Freiburg arbeitet in Lehre und Forschung mit den regionalen, nationalen und internationalen Organen der Hochschulpolitik sowie in- und ausländischen Hochschulen und anderen Bildungs- und Forschungseinrichtungen zusammen. Die Universität soll zudem das Verständnis zwischen Personen aus den verschiedenen Sprachgebieten und Kulturen begünstigen und fördern.

In diesem Sinne ist die Universität der ideale Ort für Debatten, ein zentrales Element für Rechtsstaat, Demokratie und die Gesellschaft insgesamt, die von Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit lebt. Deshalb setzt sich die Universität Freiburg entschlossen dafür ein, den Campus als Ort der Diskussion zu pflegen und weiterzuentwickeln, unter Achtung der Meinungen und Standpunkte anderer. Gleichzeitig muss der rechtliche Rahmen eingehalten werden. Die Universität muss sich klar gegen Aufrufe zur Gewalt, rassistische Positionen und Ähnliches positionieren und geeignete Massnahmen ergreifen, damit der Campus nicht als Plattform für solche Aktivitäten genutzt werden kann.

Tragweite dieser Haltung
Das Rektorat verzichtet auf das Formulieren absoluter Kriterien, die als Massstab dafür dienen könnten, wann es bei einem Konflikt Stellung beziehen und/oder Freiheiten für seine Mitglieder einschränken würde. Dementsprechend wird es auf die Einsetzung einer Kommission zur Erarbeitung solcher Kriterien verzichten. Das Rektorat möchte keine für die Institution verbindliche Haltung vorgeben. Der vorliegende Text dient daher einzig dazu, die Position des Rektorats darzulegen, um falsche Hoffnungen oder Erwartungen zu vermeiden und eine öffentlich zugängliche Grundlage bei künftigen Anliegen zu haben.

Position des Rektorats
Das Rektorat verurteilt generell die Einschränkung von Grundrechten und -freiheiten sowie die Zerstörung von Bildungseinrichtungen – Symbole des offenen Dialogs, des Wissens, der Forschung, der Vielfalt und der Toleranz – und zivilen Einrichtungen. Es appelliert an den Respekt des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte, in denen die Pflicht zum Schutz der Zivilbevölkerung verankert ist.

Eine der Hauptmissionen einer Universität besteht darin, Wissen, Verständnis und Orientierung zu vermitteln. In diesem Sinne kann die Universität zwar nicht direkt zu einer Konfliktbewältigung beitragen, aber sie kann als Plattform für den öffentlichen Austausch dienen. Dabei ist die institutionelle Unparteilichkeit nicht nur für die Wahrung der akademischen Freiheit zentral, sondern auch für die Qualität der öffentlichen Debatte. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Universität einen Rahmen für eine differenzierte und offene Diskussion bietet, die auf gegenseitigem Respekt beruht. Für die Aufrechterhaltung dieses immerwährenden akademischen Diskurses ist der Ausschluss von Personen oder Institutionen, die Teil der akademischen Gemeinschaft sind, nicht tolerierbar.

Geopolitische Konflikte sind oft das Ergebnis lange dauernder, komplexer Prozesse. Es steht dem Rektorat als operatives Leitorgan einer Wissens- und Forschungsinstitution nicht zu, sich als allwissend auszugeben. Es ist Aufgabe von Lehrstühlen, Instituten und der Forschungsgemeinschaft als Ganzes, internationale Konfliktsituationen zu analysieren und sie auf der Grundlage des durch wissenschaftliche Methoden gewonnenen Wissens zu kontextualisieren. Deren Ergebnisse und Aussagen mögen bisweilen unangenehm sein und anecken. Wichtig ist aber, die Freiheit der Institution und ihrer Angehörigen anzuerkennen, im Rahmen ihres Leistungsauftrags und der Rechtsordnung Forschungs- und Lehrinhalte sowie -methoden zu bestimmen. Jeder andere Ansatz stellte die in der Verfassung verankerte Rolle der Universität als eine Institution, in der losgelöst von Partikularinteressen und politischen Vorgaben wissenschaftliche Erkenntnisse gefördert und gelehrt werden sollen, in Frage.

Fazit
Aus all den genannten Gründen nimmt das jetzige Rektorat der Universität Freiburg zu geopolitischen Fragen keine Stellung. Dies bedeutet nicht, dass die einzelnen Mitglieder des Rektorats haltungslos sind oder sämtliche politischen oder militärischen Handlungen billigen. Das Rektorat bezieht lediglich dann für die Universität Freiburg Stellung (z.B. bei Vernehmlassungen), wenn ihre Kernaufgaben und ihr Funktionieren direkt betroffen sind.

Das Rektorat möchte, dass der Campus ein Ort des respektvollen Austauschs bleibt, an dem sich niemand diskriminiert oder eingeschüchtert fühlt. Der Meinungspluralismus und eine Konfrontation mit anderen Ansichten sind zentrale Elemente der universitären Kultur Freiburgs, die das Rektorat verteidigt. Diese Regeln des respektvollen Zusammenlebens garantieren die grösstmögliche akademische Freiheit.

Foto:  Pedro Pires