Dissertation Sarah Probst

"Frauenräume in Solothurn. Eine mikrohistorische Untersuchung des feministischen Milieus, 1970er bis 1990er Jahre"

Der feministische Streik 2019 hat in der Schweiz nicht nur das Interesse an der Geschichte des Feminismus reaktiviert, sondern auch auf ein kaum beachtetes Phänomen aufmerksam gemacht: Aktionen, die jenseits grösserer Städte stattfanden. Die historische Feminismusforschung hat dezentrale feministische Aktivitäten bis anhin nur marginal untersucht. Meine Dissertation adressiert diese Forschungslücke. Sie versteht sich als mikrohistorische Untersuchung des feministischen Milieus in Solothurn in den 1970er bis 1990er Jahren. Die Fragestellung richtet das Augenmerk auf die Ausprägung freiwilliger Praktiken und die Produktion feministischen (Erfahrungs-)Wissens: Wie eigneten sich feministische Akteurinnen Räume im lokalen Kontext an und wie nutzten sie diese? Mit welchen Praktiken wurden die Räume besetzt und welches Wissen dabei erarbeitet? Welches Wissen zirkulierte im lokalen feministischen Milieu? Die Arbeit verfolgt einen multimethodischen Ansatz und ergänzt Quellen aus unterschiedlichen Archiven mit Oral History-Interviews. Mit einem mikrohistorischen Ansatz, so die grundlegende These der Arbeit, lässt sich nach bisher in der Feminismusgeschichte wenig beleuchteten Konfigurationen und Schnittstellen fragen. Untersucht werden fünf verschiedene Frauenräume: das vom Gemeinnützigen Frauenverein betriebene Gasthaus Hirschen, das 1977 in einer privaten Wohnung eröffnete FBB-nahe Frauenzentrum, die 1973 gegründete, für linke Feministinnen zentrale Genossenschaft Kreuz, von migrantischen Feministinnen genutzte «Zwischenräume» und das 1991 eröffnete Frauenhaus für Betroffene häuslicher Gewalt.