Datenbank zur Rechtsprechung auf kantonaler Ebene zum Datenschutzrecht
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Verweigerung der Weiterleitung einer nicht anonymisierten Petition
Kanton Waadt – 29.09.2021
Aufgrund eines massiven Zustroms von Migrant∙innen auf die Ägäisinsel Lesbos und deren Unterbringung unter prekären Bedingungen rufen Bürger den Osterappell ins Leben. Sie fordern, so viele Flüchtlinge wie möglich in die Schweiz zu holen. Der Osterappell wird von Einwohner∙innen der Gemeinde Montreux in Form einer Petition weitergetragen. Der Gemeinderat A. bittet die Stadtverwaltung von Montreux um Zugang zu verschiedenen Dokumenten, darunter auch die Petition. Die Stadtverwaltung übermittelt ihm daraufhin die Petition in anonymisierter Form, da sie persönliche Daten der Unterzeichnenden enthält. A. legt gegen diese Entscheidung beim Kantonsgericht Beschwerde ein und verlangt Zugang zur nicht anonymisierten Petition. Namen und Adressen sind personenbezogene Daten, da es sich um Informationen handelt, die sich auf eine identifizierte Person beziehen (Art. 4 Abs. 1 DSG-VD). Die Weitergabe der nicht anonymisierten Petition unterliegt daher den Bedingungen von Art. 15 DSG-VD, der die Voraussetzungen für die Übermittlung von personenbezogenen Daten regelt. Im vorliegenden Fall könnte nur Art. 15 Abs. 1 Bst. c DSG-VD in Frage kommen, der die Weitergabe von Personendaten erlaubt, wenn ein privater Gesuchsteller ein überwiegendes Interesse nachweist. A. beruft sich jedoch nur auf sein Recht auf Information und den Grundsatz der Transparenz und macht lediglich ein öffentliches Interesse an der Kenntnis der Unterzeichnenden einer Petition geltend, das mit der demokratischen Beteiligung und der politischen Debatte zusammenhängt. Er macht also kein eigenes, persönliches Interesse geltend, das dem Recht auf Schutz der Privatsphäre der Unterzeichnenden vorgehen würde. Darüber hinaus garantiert die Verfassung des Kantons Waadt, dass die Ausübung des Petitionsrechts keine Nachteile für den Petenten mit sich bringt (Art. 31 Abs. 1 KV-VD). Die Inhaber, die dieses Recht ausüben, dürfen keine Nachteile erleiden. Es erscheint daher legitim, Unterschriftenlisten, die Petitionen begleiten, auf die gleiche Weise zu behandeln wie Unterschriftenlisten für Initiativen und Referenden, d. h. gemäß Art. 64 Abs. 2 DSG, der ein Verbot der Einsichtnahme in diese Listen vorsieht, sobald sie eingereicht wurden. Daher wies das Gericht die Klage ab und hielt die Entscheidung der Stadtverwaltung aufrecht.