Datenbank zur Rechtsprechung auf kantonaler Ebene zum Datenschutzrecht

Details

Mediatisierte Aktieneinsicht als Interessensausgleich

Kanton Sankt Gallen – 10.02.2019

Das DSG ist in hängigen Verfahren der Verwaltungsrechtspflege nicht anwendbar (Art. 2 Abs. 2 lit. c Datenschutzgesetz, sGS 142.1 [DSG]), es ist jedoch anwendbar auf das (zwischenzeitlich abgeschlossene) Verwaltungsverfahren (Disziplinarverfahren). Das öffentliche Organ kann Auskunft und Einsicht u.a. einschränken oder mit Auflagen verbinden, soweit öffentliche oder schutzwürdige private Interessen Dritter überwiegen (Art. 18 DSG). Wenn einem Betroffenen selber das Aktieneinsichtsrecht verwehrt wird, kann seinem Vertreter im Sinne eines Interessenausgleichs vertraulich Einsicht, die sogenannte mediatisierte Aktieneinsicht, gewährt werden. Eine direkte Zustellung von Patientenbeschwerden an den Beschwerdeführer in anonymisierter Form kann vorliegend den gewollten Schutz der Identität der Patienten nicht zureichend gewährleisten. Den Interessen des Beschwerdeführers werden mit der Gewährung von Einsicht an seinen Rechtsvertreter, unter der Auflage, dem Beschwerdeführer die Dokumente nicht auszuhändigen und keine Daten zur Identifikation mitzuteilen, Rechnung getragen. In Hinblick weiterer Hintergründe, erscheint diese Beschränkung des Einsichtsrecht als geeignet und geboten. Die zur Begründung der Kostenauferlegung der Behandlung des Gesuchs um Auskunft und Einsicht angeführte allgemeine Norm des VRP (Art. 94 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege, sGS 951.1 [VRP]) kommt aufgrund der Spezialregelung von Art. 19 DSG nicht zur Anwendung und ein besonders grosser (dem Beschwerdeführer anzulastender) Aufwand ist nicht ersichtlich. Die Behandlung des Gesuchs um Auskunft und Einsicht ist demnach unentgeltlich. Nach einer Beschwerde des Beschwerdeführers ans Bundesgericht folgte der Entscheid vom 20. Februar 2020 (1C_167/2019), der die Beschwerde teilweise gutheisst. Vom BGer abgewiesen wird die Rüge einer Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV) hinsichtlich der Einschränkung der datenschutzrechtlichen Akteneinsicht. Der Beschwerdeführer habe zwar ein Interesse daran abzuklären, ob das Departement im gesundheitsrechtlichen Verfahren rechtswidrig gehandelt habe. Jedoch sei nicht ersichtlich, warum es nicht ausreiche, wenn der Rechtsvertreter Einsicht nehmen dürfe und so die Lage prüfen könne. Ausserdem hätten die entsprechenden Akten gar keine Berücksichtigung im gesundheitsrechtlichen Verfahren gefunden. Weiter bestehe ein öffentliches Interesse an der Anonymisierung von Patientenanzeigern aus einer allgemeinen präventiven Sicht. Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer von seinem eingeschränkten Recht gar nicht Gebrauch gemacht habe. Dementsprechend sei die Einschränkung des Einsichtsrechts verhältnismässig. Jedoch sei hinsichtlich der Rückgabe der fraglichen Patientendossiers an die Anzeigeerstatter eine Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV) zu bejahen. Gemäss Art. 10 Abs. 3 des Gesetzes über Aktenführung und Archivierung des Kantons St. Gallen (sGS 147.1) müssten die Unterlagen bis zum Vollzug des Entscheids des zuständigen Archivs über deren Archivwürdigkeit aufbewahrt werden. Durch die vorzeitige Rückgabe sei diese Bestimmung verletzt worden und der angefochtene Entscheid in diesem Punkt aufzuheben.

Download