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Akteneinsichtsrecht des Beistandes in IV-Sachen

Kanton Sankt Gallen – 14.06.2010

A. bezieht eine Invalidenrente. Sein Beistand, S., wendet sich am 16. Februar 2009 an die IV-Stelle, da die den Versicherten A. betreffende Korrespondenz noch immer an den Vorgänger des S. gesandt wird. Die IV-Stelle verlangt daraufhin von A., die Ernennungsurkunde sowie eine von A. unterzeichnete Vollmacht einzureichen. S. hingegen vertritt die Ansicht, er brauche als Beistand keine Vollmacht. Auf Verlangen des S. hin erlässt die IV-Stelle diesbezüglich eine anfechtbare Verfügung, gegen welche S. in der Folge Beschwerde erhebt. Die IV-Stelle hat die Aktenzustellung an den Beschwerdeführer unter anderem unter Hinweis auf Art. 33 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom Einreichen einer vom Versicherten unterzeichneten Vollmacht abhängig gemacht. Demnach haben Personen, die an der Durchführung sowie der Kontrolle oder der Beaufsichtigung der Durchführung der Sozialversicherungsgesetze beteiligt sind, gegenüber Dritten Verschwiegenheit zu bewahren. Zu prüfen ist daher, ob S. als Beistand in diesem Sinne als «Dritter» gilt. Bei A. wurde eine Beistandschaft auf eigenes Begehren errichtet (Art. 394 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches; ZGB). Soweit keine besonderen Vorschriften aufgestellt wurden, gelten für den Beistand die Bestimmungen über den Vormund (Art. 367 Abs. 3 ZGB). Dieser vertritt den Bevormundeten in allen rechtlichen Angelegenheiten (Art. 407 ZGB). Anders als bei der Vormundschaft wird dem Verbeiständeten die Handlungsfähigkeit jedoch nicht entzogen. Der Beistand und der Verbeiständete können je für sich allein rechtswirksam handeln. Die Stellung des Beistandes entspricht insofern derjenigen eines rechtsgeschäftlich ernannten Vertreters. Seine Vertretungsmacht leitet sich aus dem Gesetz ab und ist nicht vom Willen des Vertretenen abhängig. Der Beistand ist folglich gesetzlich dazu ermächtigt, den Verbeiständeten zu vertreten, und benötigt keine Vollmacht. Da dem Beschwerdeführer als Beistand vorliegend eine umfassende Personen- und Vermögenssorge zukommt, umfasst seine Vertretungsmacht auch die Einsichtnahme in die invalidenversicherungsrechtlichen Akten. Der Beschwerdeführer kann diesbezüglich an Stelle des Versicherten handeln, weshalb er nicht als Dritter i.S.v. Art. 33 ATSG zu qualifizieren ist. Ihm gegenüber besteht folglich keine Schweigepflicht. Das Versicherungsgericht heisst die Beschwerde diesbezüglich gut.

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