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Zugang eines Haftpflichtversicherers zum Polizeibericht nach einem Verkehrsunfall

Kanton Waadt – 08.12.2021

Im Jahr 2020 war A in einen Verkehrsunfall verwickelt. Die Staatsanwaltschaft erliess einen Strafbefehl und anschliessend wurde die Akte archiviert. Mit Schreiben vom 23. März 2021 beantragt B., der Haftpflichtversicherer von A., Einsicht in den Polizeibericht. Die Staatsanwaltschaft teilt A. mit, dass sie die Akte weiterleiten wird. A. legt beim Kantonsgericht Beschwerde ein. Die Akteneinsicht bei hängigen Strafverfahren ist in der StPO geregelt. Bei abgeschlossenen Verfahren richtet sich die Akteneinsicht nach den kantonalen und eidgenössischen Datenschutzbestimmungen (vgl. Art. 99 StPO). Obwohl die Staatsanwaltschaft nicht als eine der Behörden genannt wird, auf die das DSG-VD anwendbar ist (Art. 3 Abs. 2 DSG-VD), ist es angesichts der ratio legis des Gesetzes offensichtlich, dass auch sie gemeint ist. Die Informationen, die im Polizeibericht enthalten sind, stellen personenbezogene Daten im Sinne von Art. 4 DSG-VD dar. Gemäss Art. 15 Abs. 1 lit. c DSG-VD können die Daten weitergegeben werden, wenn der private Antragssteller ein überwiegendes Interesse an der Weitergabe hat, dass das Interesse der betroffenen Person an der Nichtweitergabe übersteigt. Im vorliegenden Fall muss B. den Polizeibericht einsehen, um festzustellen, welche Versicherungsleistungen er möglicherweise erbringen muss und ob er aufgrund der Umstände des Unfalles auf A oder einen Dritten zurückgreifen oder den Versicherungsvertrag ändern muss. Sein finanzielles Interesse ist offensichtlich. Was A. betrifft, so kann er kein schützenswertes Interesse geltend machen, das es ihm erlauben würde, sich der Weitergabe zu widersetzen. Daher weist das Gericht die Beschwerde ab und bestätigt die Entscheidung der Staatsanwaltschaft.

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