TED Talks zu schauen liegt im Trend. Einen TED Talk zu halten ist inspirierend – kann aber auch ein ziemlicher Kampf sein, weiss Professor Gregor Hasler, der in Ecublens über «Mood» referierte.
Gregor Hasler, schauen Sie sich TED Talks auch an, wenn Sie nicht gerade selbst auftreten?
Ja, ich bilde mich immer mehr auch mit solchen Videos weiter. Ich schaue schon lange nicht mehr TV, sondern eben zum Beispiel Videos auf YouTube. «TED Talk» ist ein Qualitätsstempel, der bei der Suche hilft. Man weiss dann, dass das Thema gut und solide vorgetragen wird und nicht irgendwelche Scharlatan_innen auftreten. Wenn ich nach einem Thema suche, gebe ich deshalb oft «TED» als zusätzlichen Suchbegriff ein.
Was macht einen guten TED Talk aus?
Er muss authentisch sein, die Zuschauer_innen müssen merken, dass sich die Person lange mit dem Thema beschäftigt hat und ihnen wirklich etwas mitteilen will. Es braucht also Herzblut, ebenso wichtig ist jedoch viel Fleiss. Von der Form her ist einiges vorgegeben, man kann nicht irgendeinen Vortrag halten, die Veranstalter_innen haben ganz klare Vorstellungen. Er sollte wissenschaftlich sein, aber auch persönlich – und er muss eine Take-Home-Message haben, die alle verstehen.
Wie haben Sie Ihre Premiere erlebt?
Es war nicht das volle TED-Erlebnis, der Auftritt war wegen der Pandemie nicht live und es war auch kein Publikum da. Intensiv war es trotzdem. Mit «Mood» habe ich ein schwieriges Thema ausgewählt. Während der Vorbereitung dachte ich mir manchmal, ich sollte einfach das Thema wechseln, zum Beispiel über die Darm-Hirn-Achse reden, darüber habe ich einen Bestseller geschrieben, das geht immer. Aber ich wollte es mir nicht zu leicht machen und mich selbst herausfordern – zumal mir ja eine Hilfe zur Verfügung stand.
Was für eine Hilfe?
Eine professionelle Lehrerin, die mich von Beginn weg begleitete und auch kritisch intervenierte, wenn etwas nicht «tedtalkig» genug war. Sie sagte mir oft, mein Text müsse einfacher und anschaulicher werden. Manchmal war es ein ziemlicher Kampf.
Eine eigene Lehrerin, nicht schlecht.
Ja. Eine Engländerin, die auch schaute, dass die Sprache stimmt. Als Referent_in konnte man Lehrer_innen je nach Bedarf buchen – und erhielt Hilfe vom Schreiben bis zum Vortragen. Das war auch gut so, denn als Nicht-Schauspieler_in ist es keine leichte Aufgabe, zwölf Minuten ohne Slides absolut frei zu sprechen. Manchmal kam es mir vor, als müsste ich ein Stück von Shakespeare auswendig lernen. Ich habe den Text in den letzten Wochen immer wieder für mich alleine vorgetragen, meine ganze Familie wunderte sich schon, warum ich in meinem Zimmer immer so laut sprach.
Inspiration und Innovation gehören zu den Grundgedanken der TED Talks. Inwiefern haben Sie Ihre Teilnahme in Ecublens als inspirierend empfunden?
Einerseits durch das junge, motivierte Team der Organisator_innen. Andererseits machen auch bei den Talks selbst vor allem die teilnehmenden Personen viel aus. Da war zum Beispiel Simon Prêcheur-Llarena, ein junger EPFL-Student und Musiker, der mithilfe von Daten aus der Astrophysik Musik komponiert und auch noch sehr gut Gitarre spielt – unglaublich! Oder Jane Royston, Schweizer Business Woman of the Year. Ihre Offenheit und Überzeugungskraft waren eindrücklich. Genau wie zu sehen, wie ehrgeizig Paralympics-Champion Marcel Hug ist. Es hat mich berührt zu entdecken, wie er sich von seiner Behinderung nicht unterkriegen lässt. Leute mit Innovationspotenzial und Innovationsdrang zusammenzubringen und ihnen eine Bühne zu geben, macht die TED-Veranstaltungen aus.
Es geht auch um Unterhaltung, die Redezeiten sind strikt begrenzt. Eine schwierige Herausforderung für Wissenschaftler_innen?
Die Lehrerin hat schon sehr genau die Zeit gestoppt, damit ich nicht länger als zwölf Minuten spreche. Aber egal, wo man Vorträge hält: Überziehen ist immer das Schlimmste, was man machen kann – da ist negatives Feedback garantiert. Man muss als Wissenschaftler_in Sachen in ein paar Minuten auf den Punkt bringen können. So gesehen ist es eine gute Übung.
Der Leitspruch der TED Talks lautet: «Ideas worth spreading». Welche Ideen wollten Sie verbreiten?
Ich wollte etwas zum Thema Innovation beitragen. Bei Innovation spielt die Stimmung eine wichtige Rolle. Das wissen Politiker_innen genauso gut wie Wirtschaftsleute – es muss eine gute Stimmung bestehen, damit etwas entstehen kann. Führungskräfte sind oft Expert_innen darin, Stimmungen zu manipulieren. Viele Leute haben intuitiv jedoch eine falsche Vorstellung von Stimmung, sie verwechseln sie mit Emotionen. Das ist schade, denn «Mood» ist ein wichtiges Thema. Deshalb habe ich mich dazu entschieden, in meinem Talk aufzuzeigen, was eine Stimmung ist und ein Element herauszupicken, um einen Tipp zu geben, wie man die Stimmung verbessern kann.
Und wie lautet Ihre Take-Home-Message?
Wir regulieren alle immer konstant unsere Stimmung. Wenn sich die Leute schlecht fühlen, unternehmen sie etwas, um ihre Stimmung zu heben. Und sie nutzen gute Stimmung aus, um unangenehme, aber nützliche Dinge zu erledigen. Die Take-Home-Message, die sehr einfach umsetzbar ist, lautet deshalb, dass man nicht mit der Stimmung gehen soll, weil die Stimmung in der Umwelt kein gutes Instrument ist, um sich leiten zu lassen – sie könnte falsch sein. Durch positive Aktivitäten kann man die Stimmung heben, dem Hirn quasi unterrichten: Die Welt ist gar nicht so schlecht! Sonst droht man, in eine Negativspirale zu geraten.
Welche Tipps würden Sie Professor_innen geben, die für zukünftige TED Talks angefragt werden?
Meine Tipps beschränken sich nicht unbedingt auf TED Talks. Vielmehr ist es wichtig, auch an der Uni gute, anschauliche Talks abzuhalten. Man sollte sich nicht zu schnell zufriedenzugeben, sich nicht darauf beschränken, seine Slides zu haben und diese abzulesen. Warum es nicht mal ohne Slides versuchen? Oder vielleicht lohnt es sich, einen Kurs zu belegen? Und warum nicht YouTube-Videos machen? So funktioniert Wissensverbreitung heute eben auch, da muss man nicht mehr warten, bis das Fernsehen kommt. Wissensvermittlung ist unsere Aufgabe, unsere Lehre soll spannend und faszinierend bleiben.
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- Zur Person:
Gregor Hasler ist Professor für Psychiatrie und Psychotherapie an der Abteilung für Medizin der Universität Freiburg sowie Chefarzt und Leiter der psychiatrischen Forschungsabteilung des Freiburger Netzwerks für Psychische Gesundheit. (Webseite) - Zur Veranstaltung:
Die Plattform TED – der Name ist die Abkürzung für Technology, Entertainment, Design – entstand 1984 in Kalifornien. Auf der TED-Talks-Website stellt die Non-Profit-Organisation heute Videos kostenlos ins Netz. Weltweit gibt es mittlerweile zahlreiche Ableger wie die TEDx-Talks – unabhängig organisierte TED-Konferenzen. Der Erfolg ist gross: Allein auf YouTube hat «TEDx Talks» 30.9 Millionen Abonnent_innen. Am 28. April fand unter dem Motto «Rebuild to Thrive» zum zweiten Mal die Veranstaltung «TEDx Ecublens» statt. (Webseite)
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