Nachhaltigkeit scheint ein Leitbild zu sein, das überall weitgehende Zustimmung erfährt. Gleichwohl findet sich Nachhaltigkeit als Zielvorstellung, Handlungsnorm und soziale Praxis nicht gleichmäßig in der Gesellschaft verteilt. Tatsächlich ist Nachhaltigkeit eine sozial umkämpfte Kategorie, um deren Bedeutung und Gewicht sich gesellschaftliche Konfliktlinien organisieren, sozialstrukturelle Spannungen und politisch-kulturelle Polarisierungen entstehen. Die soziale Konflikthaftigkeit von Nachhaltigkeit lässt sich am besten als Streit um die Geltung von Lebensfüh-rungen und Rangordnungen begreifen, der sich am Dissens über ökologische Wer-tigkeiten entzündet. In der soziologischen Untersuchung dieser Konfliktarena führt die Entgegensetzung von sozialstrukturellen und kulturellen Ursachen nicht weiter. Der Vortrag wird daher in einer Analyse der sozialen Logiken von Lebensführungen die Bedeutung materieller Soziallagen mit dem Ethos kultureller Praktiken ver-schränken. Konflikttheoretisch resultiert daraus die Einsicht, dass der Streit um Nachhaltigkeit mehr als nur Spannungen erzeugt, sondern Anlässe für gesell-schaftliche Spaltungen bietet. Nachhaltigkeitskonflikte sind prototypische Fälle ei-ner Überlagerung von teilbaren und unteilbaren Konflikten. Nur eine soziologische Analyse, welche die auseinanderstrebenden Logiken der Lebensführung als Ur-sprünge von Nachhaltigkeitskonflikten identifiziert, scheint in der Lage, deren ge-sellschaftliche Sprengkraft zu erfassen.
Wann? | 16.03.2021 17:15 |
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Vortragende | Sighard NECKEL, Universität Hamburg |
Kontakt | Soziologie, Sozialpolitik, Sozialarbeit sopa@unifr.ch |
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