Ob es eines Tages Möglichkeiten geben wird, das Down-Syndrom zu behandeln? Professor Csaba Szabo von der Abteilung Medizin glaubt fest daran. Jetzt hat er ein grosszügiges Stipendium erhalten, um zu erforschen, wie die Krankheit im Körper genau funktioniert und welche Behandlungsmethoden sich daraus entwickeln lassen. Am 7. Juli 2021 bekam der Wissenschaftler nun wichtigen Besuch aus Paris – Repräsentant_innen der Stiftung Jérôme Lejeune trafen sich mit ihm und Rektorin Astrid Epiney an der Unifr zum Austausch. Ein Interview mit Bildern des Treffens.
Stellen Sie sich vor, Sie müssen Ihre Forschung in einem Tweet zusammenfassen. Worum geht es?
Wir haben entdeckt, dass sich Schwefelwasserstoff, ein giftiges Gas, im Gehirn von Menschen mit Down-Syndrom anreichert. Wir haben jetzt ein grosses 3-Jahres-Stipendium erhalten, um pharmakologische Wege zu finden, diesen Effekt zu verhindern bzw. einen neuen Weg zur Verbesserung der kognitiven Funktion bei Down-Syndrom. Wir arbeiten in experimentellen Systemen im Labor (und nicht mit menschlichen Proband_innen), aber diese sind so nah an den menschlichen Bedingungen wie möglich. Zum Beispiel werden wir Neuronen untersuchen, die aus differenzierten menschlichen Stammzellen bestehen, die von Personen mit Down-Syndrom isoliert wurden.
Ok, das war länger als ein Tweet, aber es ist auch informativer. Ich bin sowieso nicht verrückt nach diesem Tweet-Zeug.
Sie werden von einem der wahrscheinlich grössten akademischen Stipendien unterstützt, die die Lejeune-Stiftung in Paris je vergeben hat. Was geht Ihnen in diesem Moment durch den Kopf?
Das ist natürlich eine Ehre und zeigt, dass die Stiftung die wissenschaftliche Qualität unserer Gruppe und die Fortschritte, die wir auf diesem Gebiet bereits gemacht haben, anerkennt. Aber es ist auch eine grosse Verantwortung. Wir müssen diese Mittel so gut wie möglich einsetzen. Wir wissen, wie schwer es ist, Spenden für das Down-Syndrom zu sammeln: Die Stiftung erhält ihr gesamtes Geld von privaten Spendern, die einen signifikanten Fortschritt auf diesem Gebiet erwarten. Das bedeutet, dass die Spender_innen erwarten, dass die Stiftung jene wissenschaftlichen Entdeckungen unterstützt, die in absehbarer Zeit auch in einen echten klinischen Nutzen umgewandelt werden können.
Derzeit gibt es keine Behandlung für das Down-Syndrom. Das heisst aber nicht, dass eine Behandlung unmöglich ist. Was gibt Ihnen und Ihrem Team den nötigen Antrieb? Welche Fortschritte oder Auswirkungen erhoffen Sie sich von diesem Stipendium?
Wir arbeiten an einem neuen pharmakologischen Ziel namens CBS. Das ist ein Protein, das die Down-Syndrom-Individuen in ihrem Gehirn und anderen Organen im Übermass haben. (Das liegt daran, dass CBS auf Chromosom 21 kodiert wird, und das ist das Chromosom, von dem Down-Syndrom-Individuen 3 haben, statt der normalen 2). CBS produziert ein toxisches Molekül, genannt Schwefelwasserstoff. Unsere Daten deuten darauf hin, dass dieses Molekül die Zellen vergiftet und ihre Fähigkeit zur Energiegewinnung beeinträchtigt. Diese metabolische Vergiftung scheint ein zentrales pathophysiologisches Ereignis beim Down-Syndrom zu sein. Wir werden das Stipendium nutzen, um mehr von diesen CBS-assoziierten toxischen Prozessen auf der Ebene der Grundlagenforschung zu verstehen, aber auch, um neue pharmakologische Wirkstoffe zu entwickeln, die die Produktion dieses toxischen Gases unterbrechen und hoffentlich die Zellfunktion beim Down-Syndrom verbessern können.
Wie wird die Lebensqualität von Menschen mit Down-Syndrom in zehn, vielleicht zwanzig Jahren dank Ihres Forschungsbeitrags aussehen?
Das hoffen wir natürlich. Die Stiftung hat die Ressourcen, um unsere wissenschaftlichen Fortschritte in einen möglichen Nutzen für die Patienten zu verwandeln. Sie ist die grösste Organisation, die sich der Betreuung, Erforschung und Behandlung des Down-Syndroms verschrieben hat, und da die meisten Pharmafirmen nicht an der Entwicklung von Therapien für diese Erkrankung interessiert sind, liegt es fast ausschliesslich an dieser Stiftung (und an den Wissenschaftler_innen und Kliniker_innen, die sie unterstützen), den wissenschaftlichen Fortschritt auf diesem Gebiet zu katalysieren. Die Stiftung hat im Laufe der Jahre eine Menge Grundlagenforschung unterstützt, aber auch klinische Studien wurden in der Vergangenheit gefördert. Wenn die Forschungsdaten die Umsetzung in klinische Studien rechtfertigen – werden sie einen Weg finden, erhebliche finanzielle Mittel zu sichern und unsere Wissenschaft in eine Therapie für Menschen mit Down-Syndrom umzusetzen. Ich wusste bereits, dass ihr Engagement aufrichtig ist, aber ihr Besuch in Freiburg und die Gespräche, die ich mit ihnen geführt habe, haben dies noch verstärkt. Sie setzen sich zu 100 % für diese Sache ein.
- Webseite der Stiftung Jérôme Lejeune
- Webseite von Prof. Csaba Szabo
- Medienmitteilung vom 05.09.2019