Freude und Genugtuung

Freude und Genugtuung

Seit 1992 doziert Prof. Dr. Peter Hänni an der Universität Freiburg. Seine Zeit an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät begann aber bereits 1975 mit dem Studium. Nun tritt er in den Ruhestand und erlangt die Würde eines Emeritus. Am 28. September hält der aus Burg bei Murten stammende Professor, der ganz nebenbei noch massgeblich an den Arbeiten der neuen Verfassung des Kantons Freiburg mitgewirkt hat, seine Abschiedsvorlesung «25 Jahre Recht lehren – Eine Zeitreise».

Herr Hänni, können Sie uns eine amüsante Geschichte aus Ihren 42 Jahren an der Universität Freiburg erzählen?
Also, um genau zu sein: Es sind nicht ganz 42 Jahre, weil ich erstens mein Studium nicht mit 19 oder 20 Jahren begonnen habe und zweitens, weil während insgesamt zehn Jahren nicht im engeren Sinne an der Universität tätig war. Aber eine Geschichte hat unter den Studierenden und Assistierenden immer wieder für Heiterkeit gesorgt, und zwar ging es um eine mündliche Prüfung, die der damals für das Zivilrecht (ZGB) zuständige Prof. Dr. Bernhard Schnyder abnahm. Mündliche Prüfungen sind damals wie heute öffentlich, was von den Studierenden, die ihre Prüfung erst noch abzulegen haben, gerne benutzt wird, um sich ein Bild über die Art der Fragestellungen und die geforderten Kenntnisse zu machen. So verhielt es sich auch an der besagten Prüfung mit Prof. Dr. Schnyder, d.h. neben dem Assistenten waren auch noch einige Studierende anwesend, darunter ich selber. Prof. Dr. Schnyder stellte Fragen zum Bereich Sachenrecht und dabei war auch die Rede von der rechtlichen Vereinigung von zwei Grundstücken, was lateinisch auch als «confusio» bezeichnet wird. Am Ende der Prüfung verliess der Kandidat den Saal und Prof. Dr. Schnyder bat den Assistenten den nächsten Kandidaten hereinzurufen, dies mit den Worten: «Rufen Sie Herrn Schmid.» Es stellte sich dann heraus, dass es sich beim vermeintlichen Herrn Schmid in Tat und Wahrheit um Frau Schmid handelte, was Prof. Dr. Schnyder folgenden Spontankommentar entlockte: «Halt, Stopp, confusion totale, ist ja eine Frau!» Zusammen mit der Walliser Färbung seiner Schriftsprache erzeugte dies eine unglaubliche Situationskomik wie man sie besser nicht hätte einstudieren können.

Was unterscheidet die heutigen Studierenden von jenen der 90er- oder gar den 70er-Jahren?
Grundsätzlich gibt es keine wesentlichen Unterschiede. Dennoch sind einige wichtige Veränderungen eingetreten. Als ich 1975 mein Studium begann, waren Frauen an unserer Fakultät klar in der Minderheit. Heute sind rund zwei Drittel der Studierenden Frauen, was selbstverständlich nicht ohne Auswirkungen geblieben ist, nicht zuletzt, weil die weibliche Sicht auf die Dinge in den Sozialwissenschaften (und in unserem Fall die Wahrnehmung über Recht und Gerechtigkeit, die sich auch in der Wahl der Freifächer niederschlägt) eine gewisse Rolle spielt. Andere Unterschiede sind eher konjunktureller Natur, beispielsweise der Grad der Politisierung, die in Wellen verläuft: Manchmal kommen die Studierenden mit ziemlich festen (gesellschafts-)politischen Standpunkten, manchmal sind sie aber auch fast ein wenig indifferent. Nicht zu übersehen sind natürlich auch die veränderten technischen Möglichkeiten der Kommunikation, das Smartphone ist allgegenwärtig. Wenn jemand in einer Lehrveranstaltung eine Behauptung zu gewissen Fakten aufstellt, kann diese sofort auf ihre Richtigkeit überprüft werden.

Auf welchen Teil Ihres Schaffens sind Sie besonders stolz?
Ich möchte in diesem Zusammenhang eigentlich nicht von Stolz sprechen. Es geht um Momente der Befriedigung, der Freude und der Genugtuung: Solche starken positiven Emotionen können in ganz verschiedenen Zusammenhängen spürbar werden: Wenn z.B. in einer Lehrveranstaltung plötzlich diese ganz besondere Atmosphäre entsteht, bei der einem klar wird, dass man die Studierenden mit seinen Worten, Erklärungen und Begründungen erreicht hat. Oder wenn man eine Publikation, an der man lange gearbeitet, schliesslich als gedrucktes Buch in den Händen hält, erfüllt das einen mit einem besonderen Glücksgefühl. Wenn Studierende sehr gute Prüfungen ablegen, dann empfindet man darüber eine stille Genugtuung, genauso verhält es sich, wenn Doktorierende ihre Doktorarbeit zu einem erfolgreichen Ende bringen und wenn es dann noch weitergeht, umso besser: zwei meiner ehemaligen Dissertanten sind heute als Professoren tätig. Darüber hinaus gab es immer wieder Gelegenheiten, bei denen ich Zeichen der Wertschätzung erfahren durfte.

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Author

Ist im Grüezi-Land einst aufgewachsen, doch das Schicksal zieht ihn jedoch immer wieder nach Freiburg: zuerst für die RS, dann fürs Studium, später fürs Wohnen und seit 2017 auch fürs Arbeiten. Als Leiter des Dienstes Unicom interessiert er sich für alles ein bisschen und ein bisschen für alles.

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