Zu Besuch im Permakultur-Garten der Unifr

Zu Besuch im Permakultur-Garten der Unifr

Wussten Sie, dass die Universität Freiburg über einen Permakultur-Garten verfügt? Er wurde im Anschluss an eine studentische Initiative zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung auf dem Campus Pérolles realisiert. Studierende und Mitarbeitende der Unifr dürfen sich bei Interesse am Projekt beteiligen – und sich an der Natur erfreuen. 

Es ist einer von vielen warmen Tagen im Sommer. Vor der kleinen Anlage am Campus Pérolles haben sich viele Interessierte versammelt, darunter ca. 30 Didaktiker_innen des Zentrums für Lehrerinnen- und Lehrerbildung Freibung (ZELF), die über eine Info-Tour mehr darüber erfahren wollen. Dies dank der Zusammenarbeit mit Miléna Baerlocher (Generalsekretärin der NEUF) und dem Vorstand der Permakulturgruppe.

Ein kleiner, gemütlicher Garten, von dem man wissen muss, dass es ihn gibt, wenn man ihn finden will (während die Urban Gardening Anlage der Studierendenorganisation NEUF in der Nähe der Mensa Pérolles etwas sichtbarer ist). Bodenanalysen haben hier aufgezeigt, dass der Boden für den Gemüseanbau geeignet ist. Eine der ersten Fragen der Tour lautet: Wer weiss, was eine Permakultur genau ist? Ungefähr die Hälfte der Anwesenden hält die Hand hoch.

So viele Kulturen
Fangen wir mal von vorne an: Im Ackerbau spricht man von einer Monokultur, wenn auf derselben Ackerfläche Jahr für Jahr das Gleiche angebaut wird. Monokulturen gibt es sowohl in der Landwirtschaft (z.B. Mais) als auch in der Forstwirtschaft (z.B. Fichte). Das Gegenteil der Monokultur ist die sogenannte Mischkultur. Unter Permakultur versteht man das möglichst naturnahe und -freundliche Gärtnern: Auf diese Weise soll und kann sich die Landwirtschaft grösstenteils selbst regulieren – z.B. in Form eines Wildgartens.

Ein System, das sich selbst reguliert
Damit sich ein System selbst regulieren kann, sind nachhaltige und ökologische Methoden ohne Chemie notwendig. Möchte man lästige, nimmersatte Schnecken loswerden, werden natürliche Methoden angewendet, die die Natur nicht verschmutzen. Es leben hier aber nicht nur Schnecken, sondern auch ganz andere Lebewesen, die sehr willkommen sind. Über Blumen werden wichtige Bestäuber angezogen. Es gibt ein Insektenhotel, aber auch ein Vogelhaus, ein Igelhaus und eine Anlage für Eidechsen, d.h. Bereiche im Garten, die aus Steinen und Kieselsteinen bestehen, sie beherbergen zu können. An diesem Ort werden Tiere und Menschen zusammengebracht.

Wer hat sich das ausgedacht?
Hinter dem ganzen Projekt steht Florian Lambrecht, ein ehemaliger Student in Psychologie, der vor ein paar Jahren eine Online-Petition startete und daraufhin eine kleine Gruppe motivierter Studierender fand. Da Lambrecht 2018-2019 für sein Studium nach Kanada ging, wurde die Leitung des Projekts von Delphine Sarafian, ehemalige Doktorandin in Physiologie, und einer Handvoll Studierender übernommen. Gemeinsam wurde über ein Jahr lang eine enorme Verwaltungs- und Kommunikationsarbeit geleistet, um die notwendigen Genehmigungen einzuholen und Gelder zu beschaffen. Konkret begann der Garten im Oktober 2019 mit dem Anlegen der ersten Hügelbeete.

Lambrechts Ziel ist es, Studierende und Lehrende in Fragen der Nachhaltigkeit und Biodiversität einzubringen. Die Unifr soll in Bezug auf solche Themen eines Tages an vorderster Front stehen und ein festes Universitätsmodell daraus entwickeln. Lambrecht ist es auch wichtig, dass über Permakultur Studierenden Obst, Gemüse, Getreide, also insgesamt biologische und nährstoffreiche Lebensmittel angeboten werden. Die Ernte wird unter den aktiven Mitgliedern geteilt; Vereinigungen erhalten Spenden. So viel zu holen gibt es aktuell aber nicht. Sind das die Grenzen der biologischen Landwirtschaft? «Nein», versichert Lea Chabaud (23), die die Info-Tour zusammen ihren Kolleg_innen Delphine Sarafian und Christophe Rossy organisiert hat. «Es ist eine Frage der Aussaat, aber das hat nichts mit Bio zu tun.» Innerhalb eines geschlossenen Ökosystems lässt sich ein hoher Ertrag auch auf einer kleinen Fläche erzielen – wenn man sich auskennt und alles richtig macht. Der Garten soll deshalb auch ein Ort sein, an dem wissenschaftliche Studien stattfinden können, z.B. über die Einrichtung einer Plantagefläche für Wissenschaftler_innen, oder für Schüler_innen an weiterführenden Schulen, um sie für die Erde, Pflanzen und Ökosysteme zu sensibilisieren. Und natürlich soll es nicht nur ein Ort der Arbeit sein, sondern auch der Begegnung, des Austauschs und der Entspannung für die Hobby-Gärtner_innen.

Und wie soll das funktionieren?
Damit das aber alles funktionieren kann, braucht es Menschen mit Visionen, die bereit sind, mit anzupacken. Im Permakultur-Garten dürfen sie mit verschiedenen Anbaumethoden experimentieren. Abfallrecycling ist dabei ein wichtiges Thema. Hier wird gelernt, wie richtig kompostiert wird und Material auf lokaler Ebene zurückgewonnen werden kann. Durch das Engagement tragen die Mitglieder des Gartens dazu bei, dass in der Stadt Freiburg Raum für die Natur geschaffen wird und sich die Artenvielfalt von Tieren und Planzen auf dem Campus erhöht. Damit das erworbene Wissen nicht verloren geht, wird der Austausch gefördert, z.B. über partizipative Workshops. Diese werden in der Regel von den erfahrensten Personen organisiert, aber jede_r hat die Möglichkeit, einen Workshop anzubieten, der den eigenen Interessen und Wünschen entspricht.

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Engagement – aber auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnitten
Jede Person investiert so viel Zeit, wie sie einbringen kann. Einige aktive Mitglieder sind sehr häufig im Garten anzutreffen, andere kommen punktuell, wenn sie gerade mehr Zeit haben und investieren mal einen Nachmittag, mal nur zwei Stunden, häufig am Wochenende. «Ich zähle mich zu den aktiven Mitgliedern», sagt Lea. «Aber während der Prüfungszeit bin ich nicht so oft da, wie andere auch.» Was sind die wichtigsten Lektionen, die sie persönlich aus diesem Projekt mitnimmt? «Schwierige Frage! Auf zwischenmenschlicher Ebene ist es nicht so einfach, eine horizontale bzw. demokratische Organisation umzusetzen. Wir haben ein Komitee, aber manchmal wäre es praktisch, so was wie ein_e Chef_in zu haben, um zu delegieren und zu sagen „Du bist für das und jenes verantwortlich, du übernimmst das …“, oder es bräuchte Menschen, die viel mehr Zeit investieren. Und manchmal gehen halt auch die Meinungen und Ideen auseinander. Es ist zwar nicht einfach, aber sehr interessant, weil ich mit unterschiedlichen Menschen zu tun habe. Was die Gärtnerei betrifft, war ich Anfängerin und habe bereits sehr viel gelernt.» Man habe sich für sie beim Einstieg viel Zeit genommen, um ihr die Dinge genau zu erklären. Auch hat sich Lea etwas eingelesen und wünscht, sie könnte noch mehr Zeit für die Lektüre investieren, um richtig ins Thema einzutauchen. Wegen des Studiums sei das nicht immer möglich, was manchmal etwas frustrierend sei. Aber sie ist auf jeden Fall stolz darauf, Teil des Projekts zu sein.

Auch Delphine möchte zum Schluss eine Botschaft nach aussen tragen: «Um gut zu funktionieren und langfristig zu bestehen, ist es notwendig, einen harten Kern von einigen leidenschaftlichen Personen zu bilden, die Zeit investieren können. Wenn Sie motiviert sind, melden Sie sich! Die aktive Gruppe und insbesondere Christophe Rossy haben enorm viel zum Aufbau des Gartens beigetragen, insbesondere alles, was mit der Einrichtung und den Bauten, d.h. Zaun, Komposter aus gebrauchten Paletten, Gartendesign, und der Bepflanzung und Pflege des Gartens zu tun hat. Menschen, die nur gelegentlich kommen können, integrieren sich natürlich in die verschiedenen laufenden Arbeiten und können bei deren Durchführung helfen.»

Haben Sie auch Lust bekommen, sich im Permakultur-Garten der Unifr auszutoben? Dann schreiben Sie eine E-Mail an: permaculture.unifr@gmail.com

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Author

Lovis Noah Cassaris ist Germanist_in, Philosoph_in und Autor_in, seit 2018 zudem Redaktor_in und Social-Media-Expert_in im Team Unicom. Lovis bezeichnet sich selbst als Textarchitekt_in und verfasst in der Freizeit Romane und Kurzgeschichten.

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