Die neue Alma&Georges-Serie «Ask A Scientist» eignet sich nicht nur für Kinder, sondern für alle Wissenschaftsbegeisterte, die gerne Dingen auf den Grund gehen. In jedem Artikel stellt ein junger Mensch eine wissenschaftliche Frage, die unsere Prof(i)s beantworten müssen.
Fabian (12 Jahre) fragt: Welche Erfindungen im Mittelalter sind noch heute im Gebrauch? Es antwortet Hans-Joachim Schmidt, Professor für mittelalterliche Geschichte am Departement für Geschichte.
In der Zeit vor 1800, als die industrielle Revolution in Europa begann, gab es nur wenige technische Erfindungen. Technik war im Mittelalter keine eigenständige Wissenschaft. Oft wurde das Wissen von Produktionsverfahren geheim gehalten. Dennoch wurden auch im Mittelalter neue Verfahren und Gegenstände erfunden, die bis heute in Gebrauch sind. Dies hing damit zusammen, dass im Mittelalter Arbeit und die Kenntnisse des Arbeitens zunehmend wertgeschätzt wurden.
Erfindungen entstanden fast nie durch Forschungen, sondern durch die Praxis der Arbeit. Deswegen kennt man auch selten die Namen von Erfinder_innen.
Wassermühlen waren auch in der Antike schon bekannt, wurden aber im Mittelalter vermehrt eingesetzt, allein schon deswegen, weil die billige Arbeitskraft von Sklav_innen fast nicht vorhanden war. In den Gebieten, in denen es keine starken Fliessgewässer gab, vor allem in den Niederlanden und in Norddeutschland, benötigte man aber eine andere Energiequelle: den Wind. Mit den neu erfundenen Windmühlen wurden u.a. auch Pumpen angetrieben, um Wasser aus tiefgelegenen Feldern zu schöpfen, damit sie überhaupt erst bewirtschaftet werden konnten.
Eine andere Erfindung gelang um das Jahr 1300: Die Brille. Grosse Fortschritte in der Glasherstellung und in der Optik während des 13. Jahrhunderts waren die Voraussetzungen. Prisma und Linse wurden untersucht und hergestellt. Das geschliffene Glas der Brille bündelte das Licht und korrigierte Sehschwächen.
Bei einer Erfindung kennen wir den Namen des Erfinders: Johannes Gutenberg aus Mainz erfand um das Jahr 1450 den Buchdruck mit beweglichen Lettern. Die Lettern konnten immer wieder neu im Setzkasten zusammengesetzt werden, dies aber unter der Voraussetzung, dass sie aus einer strapazierfähigen Metallmischung bestanden. Sie zu finden, war die wichtigste Leistung von Gutenberg. So war die massenhafte Herstellung von Texten und Büchern möglich. Es war nicht mehr notwendig, dass mühsam jedes einzelne Buch abgeschrieben werden musste. Viele Menschen konnten sich daher den Kauf von Büchern leisten.
Im Mittelalter (wie schon in der Antike) war es ein gesichertes und selbstverständliches Wissen, dass die Erde eine Kugel ist. Kurz vor 1500 hat Martin Behaim in Nürnberg erstmals einen Erdglobus hergestellt. Amerika war noch nicht dargestellt. Zuvor gab es an mehreren Orten der Welt bereits Globen, auf die die Sicht auf Himmelskörper eingetragen war. Mit dem Erdglobus gewann man bessere Kenntnis von der Welt und von grossen Entfernungen.
In Nürnberg wurden zu dieser Zeit Taschenuhren erfunden, die sogenannten « Nürnberger Eier ». Anders als bei den Turmuhren, die durch die Erdanziehung von Gewichten angetrieben sind, wurden nun Metallspiralen eingesetzt, um die Zeiger in Gang zu setzen. So konnte man die Geräte zur Zeitmessung mit sich tragen und war nicht darauf angewiesen, auf eine nahe Turmuhr zu schauen.
Nur selten wurden im Mittelalter Erfinder wertgeschätzt. Aber sie trugen dazu bei, dass technische Fertigkeiten sich entwickelten und zu Neuerungen führten.
Unsere Person vom Fach
Prof. Hans-Joachim Schmidt ist Historiker zur Geschichte des Mittelalters. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Stadtgeschichte, die Kirchengeschichte und die Geschichte politischer Konzepte.
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