19.07.2012

Allgemeine Mobilmachung gegen die Ambrosia


(english version attached)

Gebündelte Kräfte führen schneller zum Erfolg: Diese Strategie soll nun auch im Kampf gegen die Ambrosia – eine der berüchtigtsten invasiven Pflanzen überhaupt – zum Einsatz kommen. Unter der Leitung von Prof. Heinz Müller-Schärer, Biologe an der Universität Freiburg, und in Zusammenarbeit mit dem CABI in Delémont und dem an der Universität Neuenburg angesiedelten Nationalen Forschungsschwerpunkt Plant Survival, soll dem Unkraut mit neuen Waffen und im Rahmen einer koordinierten Aktion der europäischen Forschungsorganisation COST begegnet werden.


Jeden Sommer leiden zahlreiche Personen unter den hoch-allergenen Pollen der Ambrosia.

Grenzüberschreitende Plage: Obwohl die Schweiz mit ihrer verstärkten Bekämpfung der Ambrosia in den letzten Jahren gute Erfolge verzeichnen konnte, sind gewisse Regionen nach wie vor stark von den Beeinträchtigungen durch die Pflanze betroffen. Gerade in Genf leiden jeden Sommer unzählige Personen unter den hoch-allergenen Pollen der Ambrosia, die über die Luft aus dem benachbarten Frankreich (Rhonetal) kommen. Auch die Einfuhr von Ambrosia-Samen über kontaminiertes Vogelfutter oder im Saatgut von Sonnenblumen ist europaweit schwierig zu kontrollieren; entsprechend limitiert ist der Erfolg isolierter Bekämpfungsstrategien einzelner Länder. Im Rahmen eines breit angelegten Projekts der COST (European Cooperation in Science and Technology) soll nun unter der Leitung von Prof. Heinz Müller-Schärer, Biologe an der Universität Freiburg und langjähriger Forscher invasiver Pflanzen, in Zusammenarbeit mit Dr. Urs Schaffner des CABI (Centre for Agricultural Bioscience International) in Delémont und dem an der Universität Neuenburg angesiedelten Nationalen Forschungsschwerpunkt Plant Survival, das Übel an der Wurzel gepackt werden – und zwar gemeinsam und mit neuen Methoden.

Ein Projekt – vier Ziele

Die COST-Aktion mit dem Namen SMARTER (Sustainable management of Ambrosia artemisiifolia in Europe) setzt im Kampf gegen die Ambrosia in erster Linie auf die biologische Kontrolle und die Förderung einer konkurrenzstarken Vegetation sowie auf die Integration dieser neuen Bekämpfungsstrategien in bereits bestehende mechanische und chemische Kontrollmassnahmen. Gerade die biologische Kontrolle, d.h. die Regulierung der invasiven Pflanze durch deren natürlichen Feinde aus dem Herkunftsland (Nord-Amerika und Mexiko), hat in Ländern wie China und Australien bereits zu positiven Erfahrungen geführt. In Europa fand die biologische Kontrolle invasiver Pflanzen bis jetzt jedoch noch keine grossräumige Anwendung. „Dies ist vor allem auf das kleinräumige Mosaik von Nationalstaaten mit eigener (oder fehlender) Strategie im Umgang mit invasiven, exotischen Organismen und fehlender Gesetzgebung bezüglich dem Einsatz von biologischen Bekämpfungsmassnahmen zurückzuführen“, erklärt Heinz Müller-Schärer. Ein weiterer Aspekt des COST-Projektes ist die Entwicklung von Mechanismen und Methoden zur Überwachung der Effizienz der biologischen Kontrolle sowie zu deren ökonomischen, ökologischen und sozialen Auswirkungen. Die Bildung eines dynamischen Netzwerks aus beteiligten Forschenden und interessierten Stakeholdern soll die Basis des Grossprojektes bilden und hat zum Ziel, die verschiedenen Akteure und Forschungsrichtungen zu vernetzen und so Synergien zu schaffen. „So gibt es unter anderem für Intensivkulturen überzeugende Beispiele, wie sich homöopathische Dosierungen von Herbiziden mit biologischer Bekämpfung kombinieren lassen, mit synergistischer Wirkung. Ambrosia gilt in mehreren osteuropäischen Ländern, nebst ihrem Status als Allergiepflanze, auch als das schlimmste Unkraut in Intensivkulturen (Sonnenblumen, Mais, Zuckerrüben etc.)“, so Prof. Müller-Schärer. Als vierter Pfeiler der COST-Aktion sollen Nachwuchsforschende in ganz Europa in der Ökologie und Bekämpfung invasiver Pflanzen ausgebildet werden, damit der immer grösser werdenden Nachfrage nach Experten Rechnung getragen werden kann.

Vorreiterrolle für die Ambrosia


Das Projekt SMARTER konzentriert sich auf die Bekämpfung der Ambrosia, hat aber zum übergeordneten Ziel, in der Ausrottung weiterer invasiver Pflanzen Modell-Charakter zu erlangen und künftigen Bekämpfungskampagnen gegen gebietsfremde Schadorganismen die nötige transnationale und interdisziplinäre Basis zu bieten. SMARTER läuft über eine Dauer von vier Jahren und setzt sich aus zahlreichen Arbeitsgruppen aus den teilnehmenden Mitgliedländern zusammen. Ein konkretes Produkt der COST-Aktion soll ein Leitfaden zur habitat- und regionen-spezifischen integrierten Bekämpfung von Ambrosia sein.


COST – Europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der wissenschaftlichen und technischen Forschung
COST wurde 1971 gegründet und stellt die älteste europäische Forschungsinitiative dar. Die Schweiz gehört als Gründungsmitglied vollberechtigt dazu. In der Schweiz ist COST neben EUREKA und den EU-Rahmenprogrammen eine der drei Säulen der Forschungszusammenarbeit mit Europa. Die Aktionen von COST sind Forschungsvorhaben innerhalb eines Fachbereichs, in deren Rahmen mehrere miteinander koordinierte Forschungsprojekte durchgeführt werden. Die Teilnahme an den Aktionen ist für jedes COST-Mitgliedland freiwillig; eine neue Aktion tritt dann in Kraft, wenn sich mindestens fünf Mitgliedländer zur Mitarbeit verpflichten. COST hat heute 35 Mitgliedstaaten. Israel beteiligt sich als kooperierender Staat. Seit 1989 können sich auch Institutionen aus Nicht-COST-Ländern an den Aktionen beteiligen. Die Forschungskosten werden national von den einzelnen Mitgliedstaaten getragen, die Kosten der Koordinationsaktivitäten aus dem Budget des Forschungsrahmenprogramms der EU finanziert.


Zusätzliche Infos: www.sbf.admin.ch/htm/themen/international/cost_de.html

Link zum Projekt: www.cost.eu/domains_actions/fa/Actions/FA1203

Kontakt: Prof. Heinz Müller-Schärer, Departement für Biologie, Bereich Ökologie und Evolution, 026 300 88 35; 079 787 35 71; heinz.mueller@unifr.ch