ProjektPublikationsdatum 06.11.2025

Wie der grönländische Eisschild auf die schrumpfende oberste «Schwammschicht» reagiert


Die Eisdecke Grönlands ist vielen Veränderungen ausgesetzt, von denen eine auf den ersten Blick nicht erkennbar ist: die Schneeschicht, die den grössten Teil ihrer Oberfläche bedeckt. Diese Schicht fungiert normalerweise als Schwamm, der Schmelzwasser wieder gefrieren lässt, und ist für das Gesamtverhalten der Eisdecke von Bedeutung. Allerdings verändert sie sich auf eine Weise, die Forschende derzeit noch nicht vollständig verstehen. Dank einer Förderung von 13 Millionen Euro durch den Europäischen Forschungsrat kann nun ein internationales Konsortium mit dem Freiburger Forscher Horst Machguth dieses Problem untersuchen.

Firn ist eine Art komprimierter Schnee mit unzähligen Lufteinschlüssen, der grosse Teile des Grönländischen Eisschildes bedeckt. Diese Schicht kann bis zu 100 Meter dick sein und nimmt den grössten Teil des Schmelzwassers auf, das jeden Sommer an der Oberfläche des Eisschildes entsteht. Etwa 90 Prozent des gesamten Eisschildes sind mit Firn bedeckt, aber mit dem Anstieg der Temperaturen in der Arktis verändert sich dieses Eisschild rapide. Heute sickert mehr Schmelzwasser als früher in das Firn Grönlands ein.

13 Millionen Euro Forschungszuschuss
«Die bedeckte Fläche des grönländischen Eisschildes schrumpft. Wir gehen davon aus, dass der Firn einen grossen Teil seiner derzeitigen Fähigkeit, Schmelzwasser zurückzuhalten, verlieren wird», sagt Prof. William Colgan vom Geologischen Dienst von Dänemark und Grönland (GEUS). Er gehört zu einer Gruppe von vier Forschenden aus vier verschiedenen europäischen Einrichtungen, die gerade eine beträchtliche Förderung in der Höhe von 13 Millionen Euro aus dem Synergy Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC, European Research Council) erhalten haben.

Eine Wissenslücke soll geschlossen werden
Die Veränderungen in der Firnschicht des grönländischen Eisschildes werden jedoch noch nicht gut genug überwacht: Bisher konzentrieren sich die meisten Studien auf die höchsten Erhebungen des Eisschildes, wo es nur wenig Schmelzwasser gibt. Andere Studien wiederum nahmen die Schmelzzone um den Rand des Eisschildes in den Fokus. Zwischen diesen beiden Bereichen liegt jedoch ein riesiges Gebiet mit einer Firndecke, die sich schnell verändert. Dieses ist noch weitestgehend unerforscht.

«FirnMelt ist das erste grosse, internationale Projekt, das untersucht, wie sich dieser Bereich verändern wird und wie sich das auf den gesamten Eisschild auswirken könnte», sagt Professor Horst Machguth von der Universität Freiburg. Sollte beispielsweise immer mehr Schmelzwasser den inneren Teil des Eisschildes und das darunter liegende Gletscherbett erreichen, könnte sich die Geschwindigkeit ändern, mit der sich das Eis bewegt. Das wiederum kann sich auf die Menge des Eises auswirken, das in die Ozeane abfliesst und letztendlich den Beitrag Grönlands zum Meeresspiegel erhöhen.

Beobachtungen und neue Prognosen
Die extreme Variabilität der Hydrologie des grönländischen Eisschildes hat die Forschenden kürzlich überrascht. Es sind neue Beobachtungen und Modelle erforderlich, um die sich verändernde Zukunft des Firns und des Schmelzwassers in Grönland unter dem Einfluss des Klimawandels prognostizieren zu können. Das FirnMelt-Team plant umfangreiche Aktivitäten, um dieses Ziel zu erreichen, darunter Luft- und Satellitenbeobachtungen sowie Vor-Ort-Beobachtungen mit neuartigen Geländefahrzeugen.

In den kommenden sechs Jahren will das FirnMelt-Team so das umfassendste Modell der Hydrologie des grönländischen Eisschildes erstellen, das den ganzen Weg des Schmelzwassers verfolgt, von der Oberfläche des Eisschildes bis zu seiner Basis. Es soll auch abbilden, wie es sich auf, in und unter dem gesamten Eisschild auswirken wird.

Über das FirnMelt-Projekt
Neben der Universität Freiburg sind die Partnerinstitutionen des FirnMelt-Projekts der Geologische Dienst von Dänemark und Grönland, das Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, Deutschland und die Universität Utrecht, Niederlande. Es wird vom Europäischen Forschungsrat mit 13 Millionen Euro für eine Laufzeit von sechs Jahren finanziert, beginnend im März 2026.

Es ist eines von 66 Projekten, die Mittel aus dem ERC Synergy Grant erhalten. Mit dem unterschiedlichen Fachwissen der vier Projektleiter Horst Machguth, William Colgan, Angelika Humbert und Michiel Van den Broeke plant das Team, aktuelle Herausforderungen der Hydrologie von Eisschilden aus Firn anzugehen und diese mit dem subglazialen Wasserabfluss und dessen Wechselwirkung mit der gesamten Gletscherdynamik in Verbindung zu bringen.