27.02.2013

Bericht zeigt Mängel in der Polizeiausbildung


Im Auftrag des Kantons Genf haben Soziologen der Universität Freiburg junge Genfer Polizeikräfte zu ihrer Meinung über ihre Ausbildung befragt. In ihrem Bericht machen Prof. Muriel Surdez und Forschungsassistent David Pichonnaz vom Departement für Sozialwissenschaften zahlreiche Widerstände gegenüber den Beziehungskompetenzen aus, die seit kurzem Bestandteil der polizeilichen Ausbildung sind.


(Image: Thinkstock)

Basierend auf einem Fragebogen sowie auf Interviews mit Polizeikräften, die ihre Ausbildung kürzlich abgeschlossen haben, zeigt der Bericht, dass die meisten Polizisten eine grosse Diskrepanz zwischen ihrer Arbeit und dem in ihrer Ausbildung Gelernten sehen. Die jungen Polizistinnen und Polizisten erachten das Wissen und das Know-How rund um die Anwendung von Zwang, besonders von physischem Zwang, als zentral, auch wenn diese Kompetenzen selten zum Einsatz kommen. Die Kurse in Ethik und Menschenrechte werden dagegen mehrheitlich negativ bewertet: Es würden bloss leere Phrasen von gebietsfremden Ausbildnern gepredigt, welche weit weg von der Realität des Berufes stünden, insbesondere was die Beziehungen zu Migranten betrifft. Eine gewisse Anzahl der Befragten forderten zudem weniger Kurse in Psychologie, während die Lektionen über die bürgernahe Polizei tendenziell mit irrelevantem Spezialwissen assoziiert wurden. Dies, obwohl der Unterrichtsplan nur wenige Stunden für diese beiden Fächer vorsieht, seitdem das Polizeidiplom auf nationaler Ebene eingeführt wurde.

Der Bericht wurde im Auftrag der externen Kommission für die Evaluation der öffentlichen Dienste (CEPP) des Kantons Genf im Rahmen einer allgemeinen Beurteilung der Polizeiausbildung durchgeführt. Die Evaluation durch die CEPP, die sich auch auf andere Expertisen stützt, weist klar darauf hin, dass es bei dieser Ausbildung an Abwechslung zwischen Theorie und Praxis mangelt, was als Grund für die Schwierigkeiten beim Aneignen von Beziehungskompetenzen erachtet wird. Die CEPP bemängelt insbesondere die Planung und die Koordination von pädagogischer Seite und schlägt vor, Praktikumsphasen einzuführen sowie die Dauer der Ausbildung zu verlängern, um den Praxismangel zu beheben.

Die Berichte der Universität Freiburg und der CEPP finden sich unter:
http://ge.ch/cepp/formation-de-la-police-0

Kontakt:


Prof. Muriel Surdez, Departement für Sozialwissenschaften, muriel.surdez@unifr.ch, 026 300 82 43

David Pichonnaz, Departement für Sozialwissenschaften, david.pichonnaz@unifr.ch, 026 300 82 43