Zusammenfassung:
In der heutigen Gesellschaft wird der Imperativ des Konsums als einzigem Weg zum Glück immer mehr zurückgenommen. Die Vorstellung, dass mehr Konsum nicht unbedingt mehr Glück bringt, liegt im Trend. So erscheinen neue Formen von freiwilligem Konsumverzicht, die ein umfassenderes körperliches und spirituelles Wohlgefühl bezwecken.
Das Fasten in Bezug auf Ernährung und Konsum digitaler Medien steht im Zentrum einer Askese, die sowohl die Konsumgesellschaft als auch die körperlose institutionelle Religion in Frage stellt. Eine Vorstellung von Reinigung scheint in diesen Praktiken wichtig zu sein. Dies führt zur Frage nach dem Askese-Bedürfnis von Individuen in der heutigen Gesellschaft. Diese Studie hat den Zweck, die Neuordnung der Rolle des Körpers in der gelebten Spiritualität der Individuen zu untersuchen. Feldforschungen mit teilnehmender Beobachtung und halb-strukturierten Leitfaden-Interviews bilden das Zentrum der Methode, mit der sich die vorliegende Arbeit der Erfahrung dieser Praxis nähert. Eigene körperliche Erfahrungen des Fastens haben auch Reflexionen über die Rolle des Körpers des/der Soziologen/Soziologin im sozialen Feld motiviert. Fasten ist a priori eine Form des Anti-Konsums. Dennoch ist Fasten nicht frei von wirtschaftlicher Logik und es ist sogar die Erscheinung einer Ökonomie der Askese zu beobachten. Die Untersuchung säkularer Askese erlaubt es auf dieser Basis, den Zusammenhang zwischen Spiritualität und Konsum neu zu beleuchten. Kann man vor diesem Hintergrund behaupten, dass es eine Tendenz zur übersättigten Gesellschaft gibt? Eine Antwort fällt zweispaltig aus: Einerseits wird die Idee, dass weniger Konsum mehr Glück bedeutet, immer mächtiger, andererseits werden die neuen Formen von Verzicht und Anti-Konsum aber auch in den Konsum integriert.