23.08.2012

Hilfe für die marinen Ökosysteme


Sie lassen tief blicken: Die Arten der benthischen Foraminiferen dienen als wahres Barometer zum Zustand mariner Gewässer und ermöglichen eine genaue Beobachtung und Überwachung dieser bedrohten Ökosysteme. Eine Forschungsgruppe der Geowissenschaften der Universität Freiburg hat sich der Initiative FOBIMO (Foraminiferal Bio-Monitoring) angeschlossen, welche sich der Studie dieser Mikroorganismen verschrieben hat. Die Veröffentlichung einer internationalen Charta zum Umgang mit Foraminiferen soll längerfristig zur Rettung dieser Lebensräume beitragen.

Bislang konzentrierte sich die Erforschung der marinen Ökosysteme vorwiegend auf die Studie der Makrofauna, wie beispielsweise Weichtiere und Schnecken. Die Arten der benthischen Foraminiferen aber sind einzellige Mikroorganismen, die in der Mehrheit ein Gehäuse tragen und den Meeresboden bewohnen. Foraminiferen charakterisieren sich durch ihre grosse Ausbreitung, einen sehr kurzen Lebenszyklus sowie eine einzigartige Sensibilität bezüglich der Wasserqualität. Darüber hinaus sind die Foraminiferen einfach zu beschaffen und bereits kleinste Proben davon ergeben äusserst exakte Messresultate. „Die Charakteristika der Foraminiferen machen diese Arten zu einem idealen Messinstrument, um den Zustand der marinen Gewässer zu überwachen“, erklärt Silvia Spezzaferri, Lehr- und Forschungsbeauftragte am Departement für Geowissenschaften der Universität Freiburg. „Die internationale Gemeinschaft ist sich des alarmierenden Zustands der marinen Ökosysteme zwar bewusst – trotzdem hat sich deren Lage in den letzten zehn Jahren verschlimmert“, so Spezzaferri.

37 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 13 Ländern haben sich im vergangenen Juni an der Universität Freiburg zu einem vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) unterstützten FOBIMO-Workshop zusammengefunden, darunter die Mitglieder der Führungsgruppe, Joachim Schönfeld von GEOMAR | Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel (DE), Frans Jorissen und Emmanuelle Geslin der Universität Anger (FR), Elisabeth Alve der Universität Oslo (NW), Sergei Korsun der Universität St. Petersburg (RU) und Silvia Spezzaferri der Universität Freiburg. Die Forschenden vereinten Fachgebiete von der Ozeanografie, der Sedimentologie und der Mikropaläontologie bis hin zur Biologie und Ökologie. Im Rahmen des Workshops der Initiative FOBIMO (Foraminiferal Bio-Monitoring) erstellten sie ein gemeinsames Protokoll, welches den Willen zur Überwachung des Meeresbodens mit Hilfe der benthischen Foraminiferen ausdrückt. Der Text dieser Charta wurde in der Zeitschrift Marine Micropaleontology veröffentlicht.

Klares Statement

Die European Community Marine Strategy Framework Directive (MSFD) sieht vor, bis 2015 einen Massnahmenkatalog zu erstellen, der das Erreichen und Erhalten eines akzeptablen Zustandes der marinen Ökosysteme bis 2020 zum Ziel hat. Zur Umsetzung dieses Vorhabens der EU ist es unabdingbar, so Silvia Spezzaferri, die Konzentration an verschiedenen, die Umwelt gefährdenden Stoffen in den marinen Gewässern nicht nur messen zu können, sondern auch Aufschluss zu erhalten zu den Auswirkungen der Verschmutzung auf die in diesen Ökosystemen lebenden Organismen. Das an der Universität Freiburg verabschiedete Protokoll veranschaulicht nicht nur die Vorteile der benthischen Foraminiferen, es erklärt auch die Vorgehensweise zu deren Nutzung für Studienzwecke, dies geht von deren Beschaffung über die Verwendung im Labor bis hin zur Interpretation der Messresultate. Über das wissenschaftliche vade mecum hinaus, ist das Protokoll als wichtige Stellungnahme an die Europäische Kommission für Umwelt zu verstehen. Die im Rahmen des Workshops festgehaltenen Massnahmen zur Standardisierung und Harmonisierung des wissenschaftlichen Gebrauchs von benthischen Foraminiferen hat zum Ziel, deren Verwendung zu Forschungszwecken zu erleichtern und damit längerfristig auch der Gesundung der marinen Ökosysteme zu dienen.

Am 30. August und 1. September 2012 findet ein zweiter FOBIMO-Workshop an der Universität Freiburg statt.

Link zum Artikel in der Zeitschrift Marine Micropaleontlogy: http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0377839812000552

Kontakt: Silvia Spezzaferri, Lehr- und Forschungsbeauftragte, Departement für Geowissenschaften, 026 300 89 77, silvia.spezzaferri@unifr.ch