05.10.2011

Orgel des Cantoramas erwacht zu neuem Leben


Nach 100 Jahren der Stille hat die Orgel der Alten Kirche von Jaun ihre Stimme wieder. Durch die Forschungsarbeiten von François Seydoux, Oberassistent am Institut für Musikologie der Universität Freiburg, war es möglich, das Instrument nahezu originalgetreu zu rekonstruieren.

Ein Jahrhundert lang schlummerten Teile der alten Orgel des Cantorama auf dem Dachboden der Alten und später der Neuen Kirche von Jaun. Dank der geduldigen Recherchearbeit von François Seydoux konnte die Orgel nun rekonstruiert und spielbar gemacht werden. Der Wissenschafter der Universität Freiburg ist leidenschaftlicher Organist und geniesst im In- und Ausland einen hervorragenden Ruf als Fachmann für alte Orgeln.

Der Orgel des Jauner Cantoramas war nicht dasselbe Schicksal bestimmt wie einer Mehrheit der Kircheninstrumente hierzulande, die vielfach mehrmals restauriert und schliesslich doch zerstört oder ersetzt wurden. Anders in Jaun: Verschiedene Teile der Orgel des Cantoramas fanden zuerst in der Alten Kirche und später in der 1910 eingeweihten Neuen Kirche ein Plätzchen auf dem Dachboden. Mit Hilfe dieses Materials – darunter die Pfeiffen sowie Teile des Gehäuses, des Gebläses und der Manualwindlade – konnte das Restaurationsteam die ursprüngliche Physionomie des Instruments rekonstruieren. Die gefundenen Bestandteile bildeten denn auch die Basis des ersten Rekonstruktionsprojekts.

Auch die Archive der Kirchgemeinde und der Gemeinde Jaun trugen mit wichtigen Informationen zur Erfolgsgeschichte der Orgel bei: Die gefundenen Einträge ermöglichten einerseits eine genaue Rekonstruktion der Geschichte der Orgel und lieferten überdies erstaunliche Hinweise zum Leben der Gemeinde, die für die Beschaffung der Orgel gekämpft hatte. Die Einträge aus dem Jahre 1786 belegen sowohl den Zeitpunkt, die Kosten und den Ort des Orgelbaus. Sie geben auch Aufschluss über die Namen all jener, die zum Kauf der Orgel beigetragen haben, sei dies durch finanzielle oder andere Unterstützung. So erfährt man beispielsweise, dass ein gewisser Joseph Schuwey sich bereit erklärt hatte, die Orgel auf seine Kosten in Freiburg abzuholen oder dass ein Amtsgerichtsschreiber namens Christen Buchs für die Aubildung eines Organisten aufkam.

Auf den Spuren des Orgelbauers

Vieles konnte in den Archiven zur Orgel in Erfahrung gebracht werden – nur nicht der Name des Orgelbauers. Erst nach geraumer Zeit ist es François Seydoux gelungen, auch diese Spur bis zum Ziel zu verfolgen. Tatsächlich gab es gegen Ende des 18. Jahrhunderts in der Freiburger Hauptstadt nur zwei Orgelbauer-Familien: Die Mooser und die Dreher. Joseph Anton Mooser ist vorallem bekannt durch den Bau der Orgel in St. Stephan (BE) und ausserdem der Vater des bekannten Aloys Mooser, dem «Vater» der Orgel der Kathedrale St. Nikolaus in Freiburg. Indem François Seydoux die Orgel in St. Stefan mit der rekonstruierten Orgel in Jaun verglich, konnte er daraus ableiten, dass Joseph Anton Mooser als Erbauer nicht in Frage kam. Damit blieb Dreher der einzig mögliche Kandidat, was umso interessanter ist, da ansonsten – mit Ausnahme des Gehäuses der Orgel von von Aubonne (1811/1812) kein Instrument mehr existiert, das aus seiner Hand gefertigt wurde.

Die Einweihung der Orgel findet am 9. Oktober statt, in Anwesenheit verschiedener an der Restauration beteiligter Personen und Instanzen, darunter François Seydoux; Simon Hebeisen, Orgelbaufirma Goll, Luzern; Berthold Buchs, Präsident der Stiftung Alte Kirche Jaun und Werner Schuwey, Präsident der Orgel- und der Musikkommission. Ein Orgelkonzert von François Seydoux, Organist der Kathedrale St. Nikolaus, Freiburg, und dem Chor des Collège du Sud wird den Anlass umrahmen. Die den Archiven entnommenen Geschichten und Anekdoten sowie weitere Informationen zum Orgelprojekt werden anlässlich der Einweihung in einer Publikation veröffentlicht.

Kontakt: François Seydoux, 026 323 13 49, francois.seydoux@unifr.ch

Weitere Infos: www.cantorama.ch