17.08.2011

Schmetterlinge, die so tun als ob


Eine neue Studie löst das Rätsel um das Nachahmungsverhalten gewisser Schmetterlingsarten zum Schutz vor natürlichen Feinden. Das Departement für Biologie der Universität Freiburg hat bei der Erforschung des als Mimikry bekannten Phänomens massgeblich mitgewirkt. Die Studienresultate sind im renommierten Wissenschaftsjournal Nature erschienen.


Heliconius numata tarapotensis (Peru), Foto: Mathieu Joron

Die Forschergruppe mit Wissenschaftlern aus mehreren Ländern Europas konnte zum ersten Mal aufzeigen, wie ein Schmetterling aus dem Amazonas andere, giftige Arten imitiert, und damit seine natürlichen Feinde, wie etwa Vögel, täuscht. Diese erstaunliche evolutionäre Überlebensstrategie, bekannt als Müllerscher Mimikry, beschäftigt die Evolutionsforscher seit Charles Darwin. Die Studie zeigt nun auf, dass ein sogenanntes Super-Gen hinter dieser faszinierenden List steckt. Durch das Nachahmen der Erscheinung von potentiell gefährlichen Spezies beschaffen sich diese Schmetterlinge einen wichtigen Vorteil in der natürlichen Selektion.

Super-Gen sorgt für Variantenreichtum

Bei der Untersuchung eines Schmetterlings, der im Amazonas vorkommt (Heliconius numata) und verschiedene giftige Schmetterlingsarten imitiert, fanden die Forscher heraus, dass bei diesem Insekt parallel drei Chromosomentypen bestehen, welche die Nachahmung von drei verschiedenen Arten ermöglichen. In den Chromosomen entdeckten die Wissenschaftler eine Gruppe von etwa 30 Genen, die im Zuge der Evolution bewegungsunfähig wurden und so die natürliche genetische Vermischung von Generation zu Generation verhinderten. Auf diese Weise werden bestimmte Gene quasi als Block vererbt, was zu sehr unterschiedlichen Erscheinungsformen bei den Schmetterlingen führen kann, ohne dass Zwischenformen gebildet werden. Derartige Gruppierungen werden in der Biologie als „Super-Gene“ bezeichnet. Sie steuern zahlreiche weitere Unterschiede, wie etwa Formvariationen bei den Blüten der Primeln oder die Motive und Formen bei einigen Schneckenhäusern. „Dank dieser Entdeckung verstehen wir besser, wie sich die prachtvollen Zeichnungen auf den Schmetterlingsflügeln entwickelt haben“, erklärt Christoph Haag vom Departement für Biologie der Universität Freiburg. „Es ist beeindruckend, festzustellen, dass die unterschiedlichen Motive hauptsächlich auf die Variationen in der Reihenfolge und in der Ausrichtung der Gene in einem Chromosomenabschnitt zurückzuführen sind.“

Unterstützung von der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften

Die Resultate der Studien sind aus einer Zusammenarbeit zwischen der Universität Freiburg, dem Muséum National d’Histoire Naturelle in Paris und der University of Exeter (UK) entstanden. Christoph Haag beschreibt die Rolle des Freiburger Labors wie folgt: „Meine Arbeitsgruppe interessiert sich für die Frage, warum es genetische Variabilität innerhalb von Arten gibt und wie diese Variabilität erhalten bleibt. Bei dieser Studie analysierten wir einen Teil der Daten im Labor und unterstützten die Datenanalyse mit neuen Ideen.“ Die Zusammenarbeit mit Dr. Mathieu Joron vom Muséum National d’Histoire Naturelle de Paris begann bereits, als beide Forscher an der Universität Edinburg tätig waren. Diese Zusammenarbeit kann dank eines Forschungsstipendiums der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften fortgeführt werden.

Artikel in Nature: http://www.nature.com/nature/journal/vaop/ncurrent/abs/nature10341.html

Forschungslabor von Christoph Haag: http://www.unifr.ch/biol/ecology/haag/research.html

Kontakt: Christoph Haag, Departement für Biologie, 026 300 88 71, christoph.haag@unifr.ch