27.11.2014

Schweizerischer Nationalfonds unterstützt Schmerzforschung am Wurm


Der Biologe Dominique Glauser erhält für die Schmerzerforschung an Fadenwürmern vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) einen Starting Grant für Jungforschende. Das gewichtige Stipendium soll dabei helfen, die bisherigen Erkenntnisse des Förderprofessors am Departement für Biologie der Universität Freiburg zu verfeinern und weiter voranzutreiben. Ziel ist es, mit Hilfe der Forschung am Wurm eine neue Generation von Schmerzmitteln zu finden, die gezielter eingesetzt werden können und mit weniger Nebenwirkungen belastet sind.


Schmerzforschung: Was passiert zwischen einem gespürten Reiz und der Reaktion? (Bild: Thinkstock)

Wer mit seiner Hand in Kontakt mit einer glühend heissen Herdplatte kommt, verspürt einen unmittelbaren intensiven Schmerz und zieht die Hand sofort von der Herdplatte weg. Die Reaktion besteht also aus zwei Teilen: Dem Schmerz und dem Rückzugsreflex. Das Forschungsteam um Professor Dominique Glauser des Departements für Biologie interessiert sich für den Teil dazwischen. Was passiert zwischen dem gespürten Reiz und der Reaktion? Sie verfolgten ab dem Schmerzempfinden bis hin zu den Neuronen, in welcher Weise die Information an den Bewegungsapparat einerseits und ans Gehirn andererseits weitergegeben wird. Ein Forschungsansatz, der nicht zuletzt aufgrund der umfassenden Analyse der Schmerztransmission – vom Molekül bis hin zum reaktiven Verhalten – besonders spannend ist und kürzlich in der internationalen Fachzeitschrift Neuron publiziert wurde.

Schmerz lass nach

Der Fadenwurm Caenorhabditis elegans verfügt über ein Nervensystem, das in vielerlei Hinsicht demjenigen des Menschen sehr ähnlich ist, abgesehen natürlich von der enorm viel kleineren Anzahl an Neuronen (302 Neuronen). Es ist deshalb nicht erstaunlich, dass auch der Fadenwurm eine sehr offensichtliche Reaktion zeigt, wenn er beispielsweise mit grosser Hitze in Berührung kommt. Er stellt also ein ideales Modell dar zur Erforschung der Mechanismen im Bereich der Nozizeption, also der Wahrnehmung von Schmerzen verursachenden Stimuli. Mit Hilfe von im Labor mutierten Würmern gelang es Prof. Glauser, die Rolle des Proteins CMK-1 im Bereich der Sensibilität auf Hitze zu entschlüsseln. Wird ein Wurm in unmittelbarer Nähe einer grossen Hitzequelle ausgesetzt, sucht er unmittelbar darauf das Weite; er versucht, der Gefahr zu entkommen. Das Protein CMK-1 ist in diesem Moment im Zytoplasma der Schmerz wahrnehmenden Neuronen vorhanden. Verbringt der Wurm hingegen eine längere Zeitspanne in der Hitzequelle, nehmen seine Sensibilität und damit auch sein „Fluchtreflex“ ab.


Auf Schema klicken zum Vergrössern

Der Wissenschaftler konnte nachweisen, dass sich CMK-1 mit der nachlassenden Sensibilität in den Zellkern des Neurons verschiebt und schliesst daraus, dass diese Verschiebung des Proteins in den Zellkern die Ursache für das geminderte Schmerzempfinden ist. Entsprechende Tests, in welchen das Protein CMK-1 künstlich in das Zytoplasma oder eben in den Zellkern transportiert wird, bestätigten, dass damit die Sensibilität des Wurms beeinflusst werden kann und untermauern die Annahme, dass dieser molekulare Mechanismus in der Lage ist, die Reaktion auf Schmerzempfinden zu verändern.

Sollte es gelingen, diese Verschiebung des Proteins CMK-1 auch beim Menschen provozieren zu können, würde dies den Weg zu einer völlig neuen Form der Schmerztherapie ebnen. Dazu müsste ein Medikament entworfen werden, dass dazu führt, das CMK-1, das auch beim Menschen vorkommt, sich in den Zellkern der Schmerzempfindungsneuronen verschiebt und damit zur Reduktion der Sensibilität führt. Da dieser potentielle Wirkstoff hauptsächlich einen Einfluss auf das periphere Nervensystem hat, kann die Gefahr von Nebenwirkungen vermindert werden. „In einem nächsten Schritt werden wir untersuchen, wie CMK-1 in den Zellkern gelangt resp. was das Protein veranlasst, sich zu verschieben. Auch möchten wir noch genauer herausfinden, welche Gene von CMK-1 im Zellkern reguliert werden, damit möglichst viele Nebenwirkungen ausgeschlossen werden können“, so Dominique Glauser zum weiteren Verlauf seiner Forschung.

Der Starting Grant des SNF zur Unterstützung von Prof. Glausers Forschung beläuft sich auf 1,5 Millionen Franken und läuft über fünf Jahre.

In Neuron veröffentlichte Studie:
http://www.cell.com/neuron/abstract/S0896-6273(14)00959-3

Kontakt:
Prof. Dominique Glauser, Departement für Biologie / Zoologie, dominique.glauser@unifr.ch, 026 300 88 87