Zusammenfassung: Theorien und Analysen zum Verhältnis von Religion und Politik haben in der deutschsprachigen Religionswissenschaft keine lange Tradition. Die kumulative Habilitationsschrift basiert überwiegend auf Publikationen, die dieses Verhältnis an zwei Fallbeispielen erforschen: einem eher institutionellen, der Schule, und einem eher geographischen, dem postsowjetischen Südkaukasus. Sie stellt dar, welche theoretischen Annahmen den Schriften zu Grunde liegen und wie diese Annahmen dazu beitragen könnten, zukünftig eine Religion/Politik-Forschung in der Religionswissenschaft zu befördern.
Zu diesem Zweck wird eine Vielfalt primär sozialwissenschaftlich orientierter Theorieansätze vorgestellt, die überwiegend ausserhalb der Religionswissenschaft und über den deutschen Sprachraum hinaus entwickelt wurden. Einige Autoren, Niklas Luhmann, David Martin und Bryan S. Turner werden genauer diskutiert und die beiden exemplarischen Forschungsgebiete Schule und postsowjetischer Südkaukasus werden vorgestellt. Drei theoretische Ansätze erweisen sich als besonders wichtig. Erstens wird dem differenzierungstheoretischen Zugang gegenüber Theorien der Einheit oder der Analogie von Religion und Politik der Vorzug gegeben. Zweitens wird die Forderung diskutiert, Religion und Politik im selben theoretischen Rahmen zu behandeln. Drittes lässt sich die politische Dimension der Religion fruchtbar durch einen Zugang erschliessen, der das Potential von Religionen in den Blick nimmt, eine soziale Ordnung zu denken und zu schaffen.