Valérie Schelker ist seit 2017 Personalchefin bei der Schweizerischen Post und kennt das Unternehmen wie ihre Westentasche. Ihre gesamte berufliche Laufbahn durchlief sie beim gelben Riesen, zunächst innerhalb von PostFinance. Nachdem Schelker dort drei Jahre lang als HR-Chefin die Verantwortung für 4’000 Mitarbeitende trug, sieht sie sich nun beim Mutterkonzern mit rund 60’000 Angestellten aus über 100 Nationen konfrontiert. Von der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät wurde Schelker als diesjähriges «Role Model» gewählt. Wir haben mit ihr über ihre grosse Verantwortung und die besonderen Herausforderungen von Frauen im Kader gesprochen – und uns natürlich ein paar hilfreiche Karriere-Tipps geholt.
Valérie Schelker, mit welchen Herausforderungen sehen Sie sich in Ihrem Job konfrontiert?
Als drittgrösste Arbeitgeberin der Schweiz steht die Schweizerische Post vor diversen und weitreichenden Herausforderungen. Stichworte dazu sind die Digitalisierung und Automatisierung, der E-Commerce-Boom, das veränderte Kundenverhalten bzw. die künftigen Kundenbedürfnisse oder auch der Fachkräftemangel. Unsere insgesamt knapp 60’000 Mitarbeitenden sind dabei der Schlüssel zum Erfolg. Es ist unsere Aufgabe, die Post mit zielführenden Personalmassnahmen frühzeitig und adäquat für diese Herausforderung fit zu machen. Dies umfasst die Rekrutierung und Entwicklung der Mitarbeitenden, die Partnerschaft mit unseren Sozialpartnern, die Weiterentwicklung der Organisation und Arbeitsbedingungen aber auch die Förderung von Diversität und Inklusion.
Welche Tipps möchten Sie jungen Frauen mitgeben, die von einer Karriere wie die Ihre träumen?
Ich glaube nicht, dass sich Karrieren linear und ins Detail planen lassen. Jedoch braucht es den Mut, Chancen zu nutzen und Neues zu entdecken. Und natürlich hilft auch eine Portion Hartnäckigkeit und Durchhaltevermögen. Persönlich konnte ich zudem sehr von inspirierenden Vorgesetzten sowie von Mentorinnen und Mentoren, die mich in meinen Ideen zur beruflichen Weiterentwicklung bestärkt haben, profitieren.
Deshalb meine drei Tipps:
1. Nutzen Sie Chancen zur Veränderung, auch wenn dies manchmal mit Unsicherheit verbunden ist.
2. Bleiben Sie neugierig.
3. Suchen Sie sich gute Vorgesetzte oder Mentorinnen und Mentoren.
Die Tipps gelten selbstverständlich auch für junge Männer.
Was beeindruckt die HR-Abteilung heutzutage noch, wo Maschinen Stellenbewerbende schon automatisch aussortieren?
Bei der Schweizerischen Post nutzen wir zwar Tools, die eine Einschätzung erleichtern, aber die Vorselektion wird nicht maschinell, sondern von Mitarbeitenden gemacht. Wir erhalten jährlich 40’000 Bewerbungen. Bei dieser grossen Menge freuen sich unsere Recruiter über Dossiers, die sich von der Masse abheben – nicht aufgrund des Formats, sondern weil sie einen spannenden Lebenslauf zeigen oder weil erkennbar ist, dass die Person Leidenschaft und Engagement mitbringt. Wir suchen Mitarbeitende, die mitgestalten und Verantwortung übernehmen wollen.
Die Unifr ist mit Deutsch und Französisch die einzige offiziell zweisprachige Universität der Schweiz. Sie selbst sind zweisprachig. Empfehlen Sie unseren Studierenden, ein zweisprachiges Studium zu absolvieren, oder sollten sie lieber einen Englischkurs besuchen?
Am besten beides! Sprachen und unterschiedliche Kulturen sind wichtig. Mit Sprachkenntnissen können Hürden abgebaut werden und wertvolle Türen öffnen sich. Bei der Post sehen wir das tagtäglich und ich bin überzeugt, dass es künftig noch wichtiger wird, verschiedene Sprachen zu können. Wenn jemand ganz klar eine Karriere im Ausland im Auge hat, kann eine Fokussierung auf Englisch sicher Sinn machen. Ich plädiere aber sehr dafür, dass wir in der mehrsprachigen Schweiz unsere Landessprachen nicht hintenanstellen. Sie sind wichtig für den Zusammenhalt und das gegenseitige Verständnis.
Was empfehlen Sie ganz spezifisch Frauen im Bewerbungsverfahren, damit sie ihre männlichen Mitbewerber ausstechen können?
Es geht meiner Meinung nach nicht ums Ausstechen. Es geht vielmehr darum, dass Frauen mutig und selbstbewusst auftreten. Ich wünsche mir, dass sie öfter ihre Komfortzone verlassen und ihre Persönlichkeit sowie auch ihre Fähigkeiten genauso selbstverständlich verkaufen, wie dies Männer tun. Studien zeigen, dass sich Männer bewerben, auch wenn sie nicht einmal die Hälfte der Anforderungen im Stelleninserat erfüllen. Frauen sind da viel selbstkritischer und zurückhaltender.
Der Berufseinstieg nach der Uni ist oft holprig. Welche Veranstaltungen unserer Career Services könnten für Studierende besonders wertvoll sein?
Ich finde das Angebot der Uni sehr vielfältig. Wer nach dem Studium noch nicht wirklich weiss, wie es weitergehen soll, profitiert sicher vom Workshop «Traumberuf(ung) finden! – Berufseinstieg mit Kopf, Bauch und Ikigai», denn ohne Standortbestimmung und das Wissen, in welche Richtung der Berufsweg gehen soll, kann man auch kein gutes Bewerbungsdossier aufbauen.
Alle, die schon konkrete berufliche Vorstellungen haben, können in den Workshops rund um CV und Motivationsschreiben die entscheidenden Tipps holen, wie sie ihre beruflichen Ambitionen, ihre Stärken und ihre Persönlichkeit in der Bewerbung am besten hervorheben und darstellen.
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