15.02.2006

Einsegnung Pérolles 2


Seit einiger Zeit wurde die Universitätsleitung kritisiert, dass bei der Einweihung des Universitätsneubaus Pérolles 2 keine Einsegnung stattgefunden habe. Im Gegensatz zu anders lautenden Gerüchten hat das Rektorat, das zusammen mit der Erziehungsdirektion des Kantons die Feier organisiert hatte, nie eine Einsegnung von Pérolles 2 untersagt.

Am 6. Januar 2006 hat die Universitätsleitung zusammen mit den katholischen und reformierten SeelsorgerInnen der Universität eine ökumenische Segnung des interreligiösen «Raumes der Stille» in diesem Neubau organisiert; eine Segnung übrigens, die durch Bischof Bernard Genoud und Pfarrer Daniel de Roche vorgenommen wurde. Der Feier wohnten Vertreter verschiedener, auch nichtchristlicher Religionsgemeinschaften bei. Diese ökumenische Zeremonie bezog - und das war für das Rektorat wichtig - auch die nichtkatholischen Universitätsmitglieder mit ein.

Weder Staatsrätin Isabelle Chassot noch das Rektorat waren je grundsätzlich gegen eine Einsegnung des ganzen Universitätsneubaus. Deshalb sind wir übereingekommen, dass das «Comité des étudiants pour la bénédiction de Pérolles 2» sich an die Universitätsseelsorgen wenden kann, damit diese eine ökumenische Einsegnung des ganzen Gebäudekomplexes organisieren. Diese muss aber wiederum ökumenisch sein und allen Universitätsangehörigen jeder Religion, Konfession und Weltanschauung offen stehen.

Nach dem Willen der Gründerväter wurde die Universität Freiburg gegründet, um das Bildungsdefizit der Schweizer Katholiken abzubauen, weshalb sie sie als katholische Hochschule bezeichneten. Dabei sprachen sie sich nicht für eine katholisch-kirchliche, sondern für eine staatliche Kantonsuniversität aus. Im Zuge der Säkularisierung begann das so genannte katholische Milieu seit den 1960er Jahren zu erodieren. Die Universität Freiburg konnte sich diesem gesellschaftlichen Wertewandel nicht entziehen. Deshalb haben die Universitätsleitungen seit den 1970er Jahren die katholische Tradition unserer Hochschule zunehmend ökumenisch zu interpretieren begonnen. Das jetzige Rektorat steht somit auf der Linie seiner Vorgänger. Der Wandel ändert nichts daran, dass die katholische Konfession an der Universität Freiburg nach wie vor eine privilegierte Stellung einnimmt. So umfasst die Universität seit dem 19. Jahrhundert eine bekannte Theologische Fakultät. Auch befindet sich im Universitätshauptgebäude Miséricorde eine katholische Kapelle, die integraler Bestandteil des Gebäudekomplexes ist.

Meines Erachtens ging es in dieser Kontroverse um die Anerkennung der religiösen Vielfalt an unserer Universität. Im Geiste der Freiburger Verfassung hat das Rektorat dieser Vielfalt mit der Schaffung des interreligiösen «Raumes der Stille» Rechnung getragen, der übrigens bereits international Beachtung findet.

Toleranz und Religionsfreiheit sind Anliegen, die im zweiten Vatikanischen Konzil den katholischen Christen nahe gelegt wurden. Sie beinhalten den Willen, mit Menschen unterschiedlicher religiöser Überzeugungen und Weltanschauungen zusammenzuleben. Deshalb pflegt das Rektorat keine Ideologie des Laizismus. Das Rektorat hat in den vergangenen Jahren darauf geachtet, mit Initiativen wie dem «Internationalen Religionsforum» ein positives Klima des toleranten Umgangs mit verschiedenen Religionen zu fördern und damit zum Weltfrieden beizutragen.

Urs Altermatt