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Vom Kodex zum Kindle

Kaum etwas hat Wissen so geprägt wie das Buch und der Buchdruck mit beweglichen Lettern. Expert_innen Renate Burri und Arnd Beise erklären, wie das Buch vom heiligen Objekt zum alltäglichen Denkwerkzeug wurde.

Renate Burri, Arnd Beise: Wie ist das Buch entstanden?

Burri: Das Buch, also das, was man heute unter einem Buch versteht, gibt es seit rund 1600 Jahren. Damit meine ich das Buch in Kodexform: Mehrere gefaltete, geheftete und zu einem Block zusammengebundene Blätter, die zwischen zwei Buchdeckeln liegen. Diese Form ist etwa seit dem vierten Jahrhundert nach Christus weit verbreitet und verdrängte allmählich die Buchrolle; es ist schwierig zu sagen, wie sie erfunden wurde. Man kennt Vorgängerformen, etwa Holztäfelchen, die mit Wachs bestrichen und manchmal zu einem Block oder eben Kodex gebunden wurden. Das lateinische Wort codex heisst nichts anderes als «Block» oder «Klotz». Aber man kann nicht sagen, «dieser oder jener Mensch» habe den Kodex erfunden. Es war eine Entwicklung. Der Bucheinband-Experte Georgios Boudalis spricht eher von einer Innovation, die aus verschiedenen Handwerkstraditionen zusammenwuchs. Ab dem ersten Jahrhundert nach Christus taucht der Kodex zunehmend auf, ab dem vierten Jahrhundert ist er die dominierende Buchform.

Wer waren denn die treibenden Kräfte hinter dieser Entwicklung?

Burri: Man nimmt an, dass das Christentum ein entscheidender Motor war, um diese Buchform zu propagieren und zu verbreiten.

Beise: Aus heutiger Sicht ist das Buch einfach die Materialisierung eines Informationsträgers. Der entscheidende Punkt ist die Mobilität – man kann es mitnehmen. Darum wurden besonders wertvolle Bücher im Mittelalter in Bibliotheken angekettet, damit sie nicht entwendet werden konnten. Das erste gedruckte Buch war übrigens eine Bibel – die berühmte 42-zeilige Gutenberg-Bibel, von der heute noch 49 Exemplare existieren. War die Rolle des Christentums also auch bei der Kodexform entscheidend? Entstand sie, weil die Bibel so umfangreich war und als Block gebunden werden musste? Eine Bibelrolle wäre ja unendlich lang.

Burri: Man muss es eher umgekehrt sehen: Viele Werke bestanden aus mehreren «Büchern» – im Sinne von Teilen. Das begünstigte die Kodexform. Das Christentum hatte da wohl eine treibende Wirkung. Zudem war der Kodex praktischer in zeremoniellen Kontexten. Die Exegese, also die Bibelauslegung, wurde ab dem zweiten, dritten Jahrhundert immer wichtiger, und die Kodexform erleichterte die Kommentierung und Analyse. Vermutlich spielte auch Identität eine Rolle: Der Kodex wurde zur Buchform des Christentums, die Papyrusrolle blieb anfangs für nichtchristliche Texte und die Pergamentrolle für das Judentum typisch. All das zeigt, wie stark Buchformen mit kulturellen Kontexten verbunden sind.

Beise: Der Buchdruck, also dieses beschleunigte und vereinfachte Verfahren zur Herstellung grosser Auflagen, war eine treibende Kraft für die Reformation des Christentums. Ohne ihn wäre sie, wie wir sie kennen, am Anfang des 16. Jahrhunderts kaum möglich gewesen. Es gab schon früher Reformbewegungen im Christentum – seit dem dritten oder vierten Jahrhundert. Denken Sie etwa an Jan Hus in Böhmen: Er hatte ähnliche Forderungen wie später Martin Luther, lebte aber vor der Erfindung des Buchdrucks. Hus wurde auf das Konzil nach Konstanz geladen – angeblich, um seine Thesen zu diskutieren. Stattdessen wurde er verbrannt, und die Sache war erledigt. Luther hingegen konnte seine Thesen im Druck verbreiten – als Flugblätter. Sie waren in der Welt, und selbst wenn man den Reformator ausgeschaltet hätte, wären die Ideen geblieben. Das war ein entscheidender Unterschied. Der Buchdruck begünstigte Reformbewegungen, machte Ideen schnell und breit zugänglich – und wurde damit zur Grundlage kirchlicher und politischer Umbrüche in der Neuzeit.

Welche weiteren Texte ausser der Bibel wurden gedruckt und hatten grossen Einfluss auf die Gesellschaft? Und wer konnte sie eigentlich lesen?

Burri: In der Antike war die Alphabetisierung natürlich viel geringer als heute. Bücher waren kostbar und nicht massenhaft verbreitet. Es gab Bibliotheken – etwa die von Alexandria, die wohl eine Art öffentliche Bibliothek, aber sicher nicht für alle erreichbar war. Im Mittelalter wurden Bücher meist in Klöstern oder in Herrscher- oder in Einzelfällen Herrscherinnenbesitz aufbewahrt.

Beise: Der Buchdruck war die Voraussetzung für eine Demokratisierung von Wissen. Anfangs wurden vor allem religiöse Schriften gedruckt. Aber durch die Reformation, die verlangte, dass jeder Gläubige die Bibel selbst lesen sollte, begann eine breite Alphabetisierung. Die eigene Bibellektüre und Andachtsbücher wurden Teil des Protestantismus. Zuerst war das natürlich in höfischen und gebildeten Kreisen verbreitet – das Buch wurde auch ein Repräsentationsobjekt. Später aber prägte religiöse Gebrauchsliteratur das Lesen in breiten Bevölkerungsschichten. Diese Entwicklung dauerte einige Jahrhunderte. Aber im 18. Jahrhundert war die Alphabetisierung schon sehr hoch.

Burri: Auch das Bild war ein wichtiges Medium. In Kirchen gab es – und gibt es immer noch! – Fresken mit Szenen aus dem Alten und Neuen Testament – das war eine Art Ersatz, eine Bilderbuchbibel für jene, die nicht lesen konnten. Und gleichzeitig, etwa ab dem späten 14. Jahrhundert, setzte in Italien die Renaissance ein: Man interessierte sich wieder für antike Texte, auch für griechische. Man lernte die Sprache neu, um die Texte im Original zu lesen. Diese Bewegung war entscheidend für die Wiederentdeckung nichtchristlicher Literatur – Philosophie, Rhetorik, Epik – und verbreitete sich von Italien aus über Europa. So wurden zum Beispiel Werke von Aristoteles und Platon wieder gelesen und teilweise auch theologisch rezipiert.

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Ein handgeschriebener Kodex – das muss doch Jahre gedauert und ein Vermögen gekostet haben?

Beise: Die Arbeitszeit war enorm; ein Schreiber brauchte für eine Vollbibel drei Jahre. Und das Material war teuer.

Burri: Bevor sich Papier durchsetzte, schrieb man auf Pergament – also Tierhaut. Ein grosses Buch konnte Dutzende Schafe kosten. Ein Kodex mit 120 Blättern bedeutete eine ganze Schafherde, die draufging. Entsprechend wertvoll waren Bücher.

Beise: Papier setzte sich schon vor der Erfindung des Buchdrucks durch und begünstigte dessen Erfindung. Gedruckte Bücher waren anfangs auch teuer und blieben zunächst Fürsten und Reichen vorbehalten, wurden mit der Zeit aber erschwinglicher. Flugblätter – also einzelne, beidseitig bedruckte Blätter – waren besonders günstig und verbreitet. Sie wurden für politische und religiöse Debatten genutzt und trugen zur Entstehung einer frühen Öffentlichkeit bei.

Stichwort Öffentlichkeit: Wann entstanden die Bibliotheken?

Burri: Öffentliche Bibliotheken im modernen Sinn gab es in der frühen Neuzeit noch kaum. Einzelne Herrscher, etwa die Medici, öffneten im 16. Jahrhundert in Florenz ihre Sammlungen der Öffentlichkeit – aber das blieb selten.

Beise: Und die Verbilligung des Buches hatte einen weiteren Effekt: Auch Textsorten, die nicht als besonders wertvoll galten, wurden druckwürdig. Heute ist der Unterhaltungsroman das meistverkaufte Buchformat – das begann damals.

Entstand dadurch auch ein anderer Umgang mit Bildern – oder war es zu teuer, Bücher zu bebildern?

Burri: Es gibt illuminierte Handschriften, also solche mit gemalten Bildern. Das war aber nur eine Minderzahl. Die Farben waren teuer, und die Arbeit übernahm meist nicht der Kopist, sondern wurde von spezialisierten Buchmalern ausgeführt. Solche Handschriften waren Luxusobjekte – etwa prächtig bebilderte Bibeln oder Prachtausgaben von Vergil. Viele Herrschende legten sich Luxusbibliotheken an – mit Handschriften aus edlem Pergament und mit kunstvoller Ausstattung. Das war ein Statussymbol, wie heute vielleicht ein teures Auto.

Beise: In den ersten gedruckten Büchern orientierte sich der Buchdruck optisch an der Handschrift. Es wurden sogar Stellen für Initialen oder Bilder freigelassen, die dann von Hand gemalt wurden – auch in der berühmten Gutenberg-Bibel. Später kamen Holz- und Kupferstiche hinzu, die in höheren Auflagen gedruckt werden konnten. Allerdings nutzten sich die Platten schnell ab, also waren die Auflagen limitiert. Die Abbildungen waren schwarz weiss; kolorierte Bücher blieben Luxus. Erst mit der Lithografie im 19. Jahrhundert kam die Farbe zurück. Als der Computerbuchdruck in den 1970/80er Jahren aufkam, verschlechterte sich die Bildqualität zunächst enorm – viele Bücher aus dieser Zeit haben miserable Abbildungen.Tatsache ist: Illustrierte Bücher waren immer teuer und galten als Repräsentationsobjekte – denken Sie an Kaiser Maximilian, der mit Albrecht Dürer und anderen Künstlern prachtvolle Erinnerungsbücher an sein Leben und Wirken anfertigen liess. Diese edlen Werke wurden dann verschenkt und signalisierten: «Siehst du, ich kann es mir leisten, so etwas Kostbares herzustellen und dir sogar zu schenken, mein lieber befreundeter Fürst!»

Welchen Stellenwert hat das Buch heute?

Burri: Ich denke, Bücher haben nach wie vor Symbolkraft – etwa die Bibel oder der Koran. Ein Buch kann auch ein Erinnerungsobjekt sein, etwa ein Fotoalbum oder ein Familienbuch, das über Generationen weitergegeben wird. Und wenn man an Zensur oder Book Bans in den USA denkt, sieht man, dass Bücher weiterhin Macht haben. Auch Schulbücher können in machen Ländern gezielt manipuliert werden, um Informationen zu verändern oder vorzuenthalten – das zeigt, wie wirksam das Medium noch ist.

Beise: Als Statussymbol gilt heute weniger das einzelne Buch als die Bibliothek, also eine grössere Sammlung von Büchern. Seit dem 18. Jahrhundert steht nicht mehr der einzelne Foliant im Zentrum, sondern die Bücherwand, die eine grosse Gelehrsamkeit signalisiert.

Die Anzahl Bücher im Gestell gilt auch heute noch als Bildungsindikator.

Burri: Ja, absolut. Und es gibt sogar wieder Lifestyle-­Trends rund um Bücher. Ich habe kürzlich von einem TikTok-Trend gehört, «Bookshelf Wealth». Da geht es darum, die Wohnung mit Bücherregalen zu gestalten – als Deko und Zeichen von Geschmack und Gemütlichkeit. Ich musste lachen, weil ich dachte: Ich bin ja voll im Trend.

Beise: Das Wichtige daran ist das Wort wieder. Eine Zeitlang verschwanden Bücherregale aus Wohnprospekten und sogar aus der Architektur. Um 2000 wurden Wohnungen so gebaut, dass es kaum noch Wände für Regale gab. Es hiess spöttisch: Jemand will ein Bücherregal kaufen, und der Verkäufer fragt: «Wofür brauchen Sie das?»

Wie erklären Sie sich das?

Beise: Das hängt mit dem Ende der Gutenberg-Ära zusammen. 1970 löste sich der Verband der Schriftengiesser auf, Ende der 1980er Jahre gab Franz Greno auf, der letzte Buchdrucker, der kommerziell mit dem Bleisatz arbeitete. Der Digitaldruck hatte den Buchdruck qualitativ eingeholt.

Burri: Heute sieht man in den Bibliotheken neue Entwicklungen. Einige Universitätsbibliotheken reduzieren gezielt physische Bestände, setzen fast nur noch auf E-Books.

Ist das nicht eine Entdemokratisierung von Wissen – wenn ältere Menschen ohne digitale Kompetenz ausgeschlossen werden?

Beise: Das ist nur eine Übergangsphase. Die Digital Natives sind ja längst erwachsen.

Burri: Mir macht eher die Haltbarkeit Sorgen: Wir wissen, dass Bücher 1500 Jahre überdauern können. Ob elektronische Daten in 1500 Jahren noch lesbar sind, ist fraglich.

Beise: Ja, die wichtigsten Informationen werden sicher weiterhin auf alterungsbeständiges Papier gedruckt und archiviert – einfach, weil das Material bewährt ist. Keine Erfindung hat je die vorherige vollständig ersetzt. Wir ritzen heute keine Texte mehr in Stein, aber auf Friedhöfen stehen immer noch beschriftete Stelen. Alte Medien verschwinden nicht, sie werden nur anders genutzt.

Burri: Und es gibt auch Gegenbewegungen – etwa Lese­clubs oder Social-Reading-Events, wo Menschen gemeinsam Bücher lesen. Das wirkt fast nostalgisch, aber vielleicht entdecken Digital Natives darin etwas Neues, was sie in ihrer Kindheit weniger hatten.

In Online-Lesegruppen gibt es Team E-Book gegen Team Print. Viele sagen, der Geruch und das Materialfeeling fehlten bei E-Books.

Burri: Das verstehe ich. Auch beruflich finde ich den Gang in die Bibliothek ein Erlebnis, das ich nicht missen möchte. Bibliotheken sind soziale Räume, Begegnungsorte – nicht nur Aufbewahrungsorte.

Manche Bibliotheken zeigen auf Social Media alte Handschriften, auf denen man etwa Katzenpfoten- oder Insektenabdrücke sieht.

Burri: Genau das fasziniert mich an Handschriften. Diese Arbeit am physischen Objekt erlaubt einen unmittelbaren Zugang. Ich habe schon Haare in Manuskripten gefunden – und frage mich dann, ob sie aus dem Mittelalter stammen. Man kann auch die Hände der Schreiber erkennen. Viele Kopisten oder Gelehrte sind an ihrer Handschrift identifizierbar – wie wir heute die Schrift unserer Studierenden kennen. Wenn ich ein Blatt sehe, weiss ich oft, wer es verfasst hat. Und es ist berührend, wenn man ein Objekt in der Hand hält, das jemand aus dem 14. Jahrhundert geschrieben hat, über den man gerade forscht.

Und was hat es mit den handschriftlichen Randnotizen, den Marginalien, auf sich?

Burri: Marginalien wurden aus vielen Gründen gemacht: zur Kommentierung, zur Korrektur, manchmal schlicht aus Platzmangel, weil Papier knapp war. Man nutzte jedes freie Stück, um etwas festzuhalten oder ein Gedicht hinzuschreiben. In den letzten 20 Jahren sind Marginalien stark in den Fokus der Forschung gerückt. Man untersucht sie gezielt, weil sie viel über die Geschichte einer Handschrift und ihre Nutzung verraten.

Gibt es etwas Vergleichbares beim Buchdruck?

Beise: Auch gedruckte Bücher zeigen Nutzungsspuren. Anstreichungen oder Randbemerkungen, die zeigen, welche Stellen Lesende wichtig fanden. Ich habe einmal eine Schrift von Johann Jakob Bodmer ediert und kommentiert. In der Zentralbibliothek Zürich hielt ich das Exemplar in der Hand, das Bodmer selbst besessen hatte. Seine «Eselsohren» waren nach 200 Jahren noch umgeklappt – so fand ich ziemlich schnell die Stellen, die er zitierte.

Burri: Übrigens darf man in Bibliotheken ein altes umgeklapptes Eselsohr nie zurückklappen, weil das Papier brechen kann. Ansonsten gilt es als Sachbeschädigung.

Beise: Meine Leidenschaft für den Buchdruck hat viel mit der Haptik zu tun: Alte Drucke haben eine reliefartige Oberfläche, man spürt die ins Papier gedrückten Lettern.

Gibt es auch Schattenseiten der Erfindung des Buches oder des Buchdrucks?

Burri: Natürlich kann das Medium missbraucht werden – zur Propaganda, zur Verbreitung falscher oder manipulierter Inhalte.

Beise: Das Problem liegt weniger im Medium selbst als im Inhalt und im Gebrauch. Es kommt darauf an, wen Sie fragen: Für die Herrschenden war der massenhafte Druck von Flugschriften sicher ein Ärgernis – für die Opposition war er ein Segen. Aber es gibt tatsächlich einen Nachteil, der am Medium selbst hängt: Bücher haben unser Gedächtnis verändert. Wenn wir Informationen auslagern können, tun wir das. Früher mussten Menschen mehr im Kopf behalten. Heute – wie auch schon mit dem Buchdruck – wissen wir, wo wir nachschlagen können, also merken wir uns weniger. Insofern hat der Buchdruck unser Erinnerungsvermögen geschwächt.

So wie heute auch das Internet?

Beise: Genau. Mit den Computern ist es dasselbe: Ich kann Sachverhalte googeln, muss sie mir aber nicht merken. Wir haben alle viel weniger im Kopf als unsere Vorfahren. Wenn ich etwa Schriften von Georg Büchner lese, erkenne ich, dass er zitiert – nicht immer buchstabengetreu, sondern aus dem Gedächtnis, aber ziemlich genau. Er hatte die Texte im Kopf. Gerade Menschen ohne Alphabetisierung konnten alle Texte, die sie je gehört hatten, oft auswendig wiedergeben. Wir leben zwar in einer Kultur der Buchreligionen – Judentum, Christentum und Islam; doch die Treue zum Text ist zurückgegangen. Früher wurden sie sehr genau memoriert. Heute ist das nicht mehr so.

Burri: Und durch Digitalisierung und künstliche Intelligenz wird sich das weiter verstärken, denke ich.

Beise: Ich glaube auch, dass die Generation unserer Kinder viel weniger auswendig reproduzieren kann als wir.

Burri: Und gleichzeitig basiert künstliche Intelligenz ja auch auf festgehaltenem Wissen. Ich finde das gefährlich –
man verlässt sich auf etwas, das vorhanden ist, aber wir sollten Wissen auch in Zukunft ständig weiterentwickeln.

Beise: KI wird laufend weiterentwickelt. Sie weiss immer mehr, kann immer mehr erinnern. Aber das Hauptproblem ist, dass wir im Umgang mit Wissen weniger kreativ werden. Ich nehme an, dass sich die Gedächtnisse lebender Menschen an die künstlichen Gedächtnisse der KI anpassen werden – zum Nachteil der Breite unserer Erinnerungskultur.

Burri: Ja, und möglicherweise betrifft das auch unsere geistige Gesundheit. Man weiss, dass Gedächtnistraining – etwa Sprachenlernen oder Auswendiglernen – dem Gehirn guttut und neurodegenerative Krankheiten wie etwa Demenz oder Parkinson positiv beeinflussen kann.

Unsere Expertin Renate Burri ist klassische Philologin und Byzantinistin. Sie ist Lektorin am Departement für Klassische Philologie.
renate.burri@unifr.ch

 

 

 

 

Unser Experte Arnd Beise ist Professor für Germanistische Literaturwissenschaft und Literaturgeschichte am Departement für Germanistik.
arnd.beise@unifr.ch