Karriere-UmfragePublikationsdatum 02.02.2021

Kooperation statt Machtstreben und weibliche Genügsamkeit


Die Schweizer Hochschulen haben zum ersten Mal eine koordinierte Umfrage bei Studierenden durchgeführt. Die Ergebnisse deuten auf einen Wertewandel hin und legen einen grossen Unterschied in den Gehaltsvorstellungen der Geschlechter offen. Die Interessen und Ziele der hiesigen Studierenden sind allerdings vielfältig und unterscheiden sich teilweise vom Schweizer Durchschnitt. 

Die Zeiten klassischer Karriere-Werte wie «Macht» und «Leistung» scheinen vorbei zu sein. An erster Stelle stehen bei den Studierenden stattdessen Werte wie «Gemeinsam etwas erreichen», «Fairness», «Toleranz», «Flache Hierarchien» und «Gegenseitige Unterstützung». Interessanterweise gilt dies für die Studierenden aller Fakultäten. Auffallend ist überdies, dass Werte wie «Selbstbestimmtheit» oder «Universalismus» mit zunehmender Studiendauer wichtiger werden, andere Werte wie «Macht», «Leistung» und «Sicherheit» hingegen an Wichtigkeit verlieren.

Grosse Unterschiede je nach Studienrichtung
Bei den Karriere-bezogenen Interessen zeigen sich klare Tendenzen je nach Profil. Studierende der Geisteswissenschaften möchten insbesondere anderen Menschen helfen können und kreativ sein, während jene der Rechts- oder Wirtschaftswissenschaften sich stärker für Führungsverantwortung interessieren.

Bei der künftigen Arbeitsfunktion zeigt sich eine gewisse Logik: Bei Studierenden der MINT-Fächer stehen beispielsweise Forschung und Entwicklung hoch im Kurs, bei angehenden Jurist_innen Recht und Compliance, Geisteswissenschaftler_innen scheinen von Lehrtätigkeiten angetan und Ökonom_innen könnten sich gut mit strategisch-beratenden Funktionen anfreunden.

Verglichen mit anderen Universitäten oder Fachhochschulen zeigen Freiburger Studierende ein deutlich geringeres Interesse, für ein Grossunternehmen zu arbeiten. Dabei ziehen vor allem Studierende der Geisteswissenschaften den Schnitt nach unten, während sich die Wirtschaftsstudierenden sehr wohl bei einem Grossunternehmen sähen.

Frauen erwarten 6000 Franken weniger Lohn ... für die gleiche Arbeit
Die Umfrage ging auch den Gehaltsvorstellungen nach dem Studium nach. Dabei werden erhebliche Unterschiede bei den Geschlechtern deutlich. Die Studentinnen der Universität Freiburg erwarten knapp 6000 Franken weniger Einkommen als ihre männlichen Kommilitonen. Der Unterschied schweizweit ist sogar noch grösser und liegt bei fast 8500 Franken.

Deutliche Unterschiede offenbaren sich auch bezüglich Arbeitgeber, Funktion und Sektor. Freiburger Studierende erwarten rund 10'000 Franken mehr Einkommen von einem Grossunternehmen als von einer NGO/NPO. Die Erwartungen sind auch deutlich höher bei Anstellungen beispielsweise im Finanzwesen oder der IT verglichen etwa mit dem Sozialwesen, der Kommunikation oder der Kunst.

Generell zeigen sich realistische Lohnvorstellungen, wobei jene der FH-Studierenden etwas höher liegen als jene der Universitätsangehörigen.

Noch jung, aber nicht mehr wegzudenken
Die Ende 2018 gestarteten Career Services wurden geschaffen, um Studierenden bei der Vorbereitung auf ihre berufliche Zukunft zu unterstützen und ihnen den Einstieg ins Berufsleben zu erleichtern. Beim Survey gaben zwei Jahre später immerhin schon 41 Prozent der Befragten an, dass sie die Dienstleistungen der Career Services bei der Vorbereitung auf das Berufsleben als nützlich erachten.

Noch nützlicher waren andere Beziehungen wie z. B. zu einem Alumni-Netzwerk oder einer Studierendenverbindung. Eine mögliche Lösung sind sogenannte Mentoring-Programme, wo gegenwärtige Studierende von den Erfahrungen ehemaliger Absolvent_innen profitieren könnten.

Über die Umfrage
Die Schweizer Karriere-Umfrage (Swiss Career Survey) wurde 2020 zum ersten Mal überhaupt durchgeführt von TalentWerk AG, einem Spin-off der Universität St. Gallen. Sie ist das Ergebnis einer koordinierten Absprache des Netzwerks der Karriere-Dienststellen zahlreicher Schweizer Hochschulen. Die Umfrage beleuchtet verschiedene Aspekte wie Karrierevorlieben und -vorbereitung, Gehaltserwartungen, Einstellungen und Ziele. Diese lassen sich nach demografischen Kriterien wie Alter, Geschlecht, Studienrichtung u.v.m. auswerten. Interessanterweise lassen sie auch einen Vergleich zwischen einzelnen Institutionen zu.

Von der Universität Freiburg haben über 1000 Personen daran teilgenommen, was nach der Universität Zürich der höchste Wert ist. Detaillierte Auswertungen und Analysen aus dem umfassenden Datenschatz werden noch folgen. Die Umfrage gibt wichtige Hinweise, um das Dienstleistungsangebot der Freiburger Career Services noch besser auf die Bedürfnisse der Studierenden ausrichten zu können.