• Cottier Maurice

• Cottier Maurice

Dieses Proseminar bietet eine Einführung in die reichhaltige und facettenreiche Geschichte der Kriminalität und Strafjustiz im 19. und 20. Jahrhundert. Die Sanktionierung von abweichenden Verhalten ist in der Moderne zu wesentlichen Teilen Aufgabe der Strafjustiz. Was verboten ist, verändert sich über die Zeit. Bis weit ins 20. Jahrhundert waren beispielsweise Abtreibungen illegal und wurden gerichtlich verfolgt und aktuell kommt es in einigen Gliedstaaten der USA zu einer erneuten Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Die Beschäftigung mit der Geschichte der Kriminalität und Strafjustiz ermöglicht es, vergangene und aktuelle Gesellschaften von ihren Rändern her zu verstehen. Die Sanktionierung von abweichendem Verhalten stützt indirekt geltende Normen oder bringt diese überhaupt erst hervor. Kriminalität und ihre Bekämpfung geben daher immer auch Aufschluss über die jeweiligen Moralvorstellungen und Machtverhältnisse. Über die Strafjustiz werden nicht zuletzt Eigentumsverhältnisse geschützt, Sexualverhalten reguliert und Körper (insbesondere weibliche) kontrolliert. Machtverhältnisse und Moralvorstellungen werden allerdings selten vollständig akzeptiert, sondern können durch kriminalisierte Praktiken auch herausgefordert werden. Der ostentative Drogenkonsum der 1968er-Bewegung ist hierfür ein Beispiel. Gleichzeitig eröffnen gerade Gerichtsakten als historische Quellen einmalige und seltene Einblicke in das (konfliktreiche) Alltagsleben in vergangenen Gesellschaften. Davon zeugen etwa Gerichtsfälle von Ehrverletzungen oder Betrugsklagen. Solche Fälle zeigen auch, dass die Strafjustiz nicht nur als obrigkeitlicher Repressionsapparat verstanden werden sollte. Historische Akteure machten sich die Justiz auch zunutze, um ihre eigenen Interessen zu verfolgen.

Das Ziel des Proseminars ist es, dass die Studierenden anhand von Sekundärliteratur verschiedene Problemstellungen, Quellensorten und methodisch-theoretische Zugänge der Geschichte der Kriminalität und Strafjustiz kennenlernen, im Archiv nach Quellen suchen und diese analysieren. Schliesslich vermittelt das Proseminar auch Arbeitstechniken, die für das Verfassen von wissenschaftlichen Arbeiten grundlegend sind.

Am Proseminar kann nur teilnehmen, wer gleichzeitig auch den Grundkurs «Kriminalität und Strafjustiz im 19. und 20. Jahrhundert» besucht. 

Für Proseminararbeit (3 ECTS) zusätzliche Einschreibung erforderlich (sichtbar auf dem Einschreibeportal).

Das Proseminar beginnt in der zweiten Semesterwoche. Achtung: Der dazugehörige Grundkurs geginnt in der ersten Semesterwoche.