Geschichte25.04.2022

FONTES: Ein europäisches Projekt für eine bessere Nutzung mittelalterlicher und moderner Quellen


Seit rund zwanzig Jahren revolutioniert die Digitalisierung mittelalterlicher und moderner Rechtsquellen den Alltag von Historiker_innen: Sie haben nunmehr leichten Zugang zu Hunderten von alten Manuskripten. Allerdings fehlt es immer mehr an den notwendigen Kompetenzen, um diesen Schatz optimal zu nutzen. FONTES, ein europäisches Projekt, an dem auch die Universität Freiburg beteiligt ist, soll hier Abhilfe schaffen.

Die Digitalisierung von Quellen stellt einen echten Paradigmenwechsel in der Welt der Forschung dar. Anstelle von langen und kostspieligen Reisen von einem Bibliotheksarchiv zu anderen reicht heute eine simple Stichwortsuche, um auf noch so seltene Dokumente zugreifen zu können. Digitale Medien sind heute als Werkzeug in der Forschung allgemein und in der mittelalterlichen und modernen Geschichtsforschung im Besonderen nicht mehr wegzudenken.

«Zugänglich» heisst nicht «verständlich»
Allem Anschein zum Trotz wird das Potenzial der heute im Internet verfügbaren Datenbestände jedoch generell nur unzureichend ausgeschöpft. Es besteht eine Diskrepanz zwischen dem technischen Fortschritt und der abnehmenden Fähigkeit von Forschenden in Geisteswissenschaften, die entsprechenden Quellen optimal zu nutzen. «Das wachsende interdisziplinäre Interesse an diesen alten Quellen und insbesondere an Rechtsquellen geht mit immer geringeren Kompetenzen beim Lesen und Verstehen der Texte einher», so Noëlle-Laetitia Perret, Assistenzprofessorin für mittelalterliche Geschichte an der Universität Freiburg und Koordinatorin des Schweizer FONTES-Teams. Ein Jammer, denn die Dokumente sind von elementarer Bedeutung und bergen viele Schätze.  Sie helfen uns zu verstehen, wie sich unsere westlichen Gesellschaften gebildet haben, wie sie einstmals funktionierten und wie sie sich im Laufe der Zeit entwickelt haben.

Gemeinsam stärker
Um der Gefahr entgegenzuwirken, die ein Verlust an Wissen und Können auf europäischer Ebene darstellt, haben sich vier Institutionen in einem Projekt namens FONTES zusammengetan: die Universität Palermo (verantwortlich für Management und Koordination), die geisteswissenschaftliche Pariser Hochschule École des hautes études en sciences sociales (EHESS), die Jagiellonen-Universität in Krakau und die Universität Freiburg. Im Rahmen dieses Projekts soll ein multidisziplinäres Weiterbildungsprogramm entwickelt werden (Rechtsgeschichte, Kultur-, Politik- und Sozialgeschichte, digitale Geisteswissenschaften, Philologie, Paläographie, Diplomatik, Sphragistik, Archivkunde usw.). Es richtet sich an Studierende, Doktorierende, Postdocs, Lehrpersonen sowie an Geschichtsinteressierte allgemein.

Erwartete Ergebnisse
Finanziert wird das im Dezember 2021 in die Wege geleitete Programm von der Europäischen Union und Movetia, der nationalen Agentur zur Förderung von Austausch und Mobilität im Bildungssystem. FONTES (kurz für FOstering iNnovative Training in the use of European legal Sources) ist auf drei Jahre ausgelegt und sieht die Erstellung eines umfassenden Unterrichtsprogramms für Anfänger_innen und Fortgeschrittene vor. Eine ebenfalls geplante innovative Plattform soll die Projektmaterialien und die umfangreichen, bisher stark fragmentierten Online-Ressourcen koordinieren, zusammenführen und erfassen.