20.02.2006

Eine Reliquie des hl. Nikolaus verbindet Ost und West


Freiburg, 20. Februar 2006. Ein besonderes Ereignis markiert die 500-Jahrfeier der Ankunft der Reliquie des hl. Nikolaus in der Stadt der Zähringer: Der orthodoxe Metropolit Philaret von Minsk und Slutsk nimmt am kommenden Mittwoch, 22. Februar, in einem feierlichen Gebetsgottesdienst in der Kathedrale einen Teil der Reliquien mit in seine Bischofsstadt Minsk. Das Institut für Ökumenische Studien der Universität Freiburg hat dieses Zeichen geschwisterlicher Verbundenheit zwischen den katholischen und den orthodoxen Kirchen vermittelt.

Die Übergabe von Reliquien als Zeichen kirchlicher Gemeinschaft hat in den letzten Jahren wiederholt Aufmerksamkeit ausgelöst. In Freiburg wurde dieses Zeichen der Freundschaft ermöglicht durch die langjährige Arbeit des Instituts für Ökumenische Studien mit seinem Direktor, Prof. Dr. Guido Vergauwen o.p. Das Institut ist seit mehreren Jahren mit der Theologischen Fakultät Minsk durch eine Konvention verbunden. Stipendiaten aus Minsk studieren an der Universität Freiburg, und zur Zeit forscht ein Doktorand aus Freiburg in Minsk. Als Dekan der Theologischen Fakultät Minsk hat Metropolit Philaret auf Einladung des Instituts für Ökumenische Studien bereits 2003 Freiburg besucht, einen Vortrag an der Theologischen Fakultät gehalten und in der Kathedrale die Reliquien des Stadtpatrons verehrt. Damals erhielt er das Kreuz des Domkapitels als Gastgeschenk und wurde gleichsam Ehrenmitglied des Kapitels.

Eine aussergewöhnliche Verehrung

Damals zeigte sich der Metropolit sehr beeindruckt durch die Verehrung des hl. Nikolaus in der Kathedrale. Der menschenfreundliche Heilige erfährt bei den Christen der Ostkirche eine besondere Verehrung. So richtete der Metropolit im Januar dieses Jahres folgende Bitte an Domherr Claude Ducarroz, den Propst des Kathedralkapitels: «Bei uns stehen die Gläubigen in einer besonders innigen Beziehung zu diesem Heiligen. Wir nennen ihn den ‚bewundernswerten Wundertäter voller Barmherzigkeit' und singen jeden Donnerstag zur Vesper einen Akathistos-Hymnos auf den Heiligen. Für die Christen des Ostens ist es sehr wichtig, ein greifbares Zeugnis der Heiligen zu haben, auf denen die göttliche Gnade ruht. Ein solches Zeugnis stärkt uns in unserem eigenen Streben nach dieser Gnade. Daher wende ich mich an Sie mit der Bitte, uns eine Parzelle der Reliquien des hl. Nikolaus, die der Freiburger Kathedrale gehören, zu überlassen. Diese Reliquien werden einen Ehrenplatz in der Kathedrale von Minsk erhalten, und sie werden dort von unseren Gläubigen mit Freude verehrt werden».

Eine geteilte Reliquie im Licht des ungeteilten Leibes Christi

Der Dompropst leitete die Anfrage an Bischof Bernard Genoud weiter, der als Ortsbischof für die Reliquien seiner Diözese zuständig ist. In der vergangenen Woche gaben beide Verantwortlichen ihren Segen zur Übergabe der Reliquie. Die Teilung erfolgte am Donnerstag, 16. Februar: Pierre Sprumont, Professor für Anatomie im Departement für Medizin der Universität Freiburg, wurde mit der Aufgabe betraut. Mit Fachkompetenz und der gebührenden Ehrfurcht entnahm er ein Stück von ungefähr 5 cm Länge von der Rückseite der Reliquie des Heiligen. Die Freiburger Reliquie behielt ihre Gesamtgestalt und befindet sich inzwischen wieder im Reliquiar der Kathedrale.

Die Reliquie ruht nun auf einem in Handarbeit gefertigten feinen Stoff in einem verzierten Reliquiar aus Holz. Sie wird in einem Gebetsgottesdienst in der Freiburger Nikolaus-Kathedrale am Mittwoch, 22. Februar, um 15.00 Uhr, unter Einladung der Öffentlichkeit offiziell an Metropolit Philaret übergeben. Der Metropolit wird begleitet von Prof. Dr. Andrej Danilov von der Theologischen Fakultät Minsk und von Msgr. Dr. Nikolaus Wyrwoll, Direktor im Ostkirchlichen Institut in Regensburg, Mitglied im Institut für Ökumenische Studien der Universität Freiburg und Ehrendoktor der Minsker Theologischen Fakultät. Prof. Barbara Hallensleben, Dekanin der Theologischen Fakultät Freiburg und Mitglied der Internationalen Orthodox-Katholischen Gesprächskommission, freut sich über die bevorstehende Begegnung: «Dass wir die Reliquien des hl. Nikolaus teilen, ist ein Zeichen der gemeinsamen Teilhabe am Leib des Herrn, der Kirche».

Der hl. Nikolaus und Freiburg: Geschichte eines halben Jahrtausends

Die Reliquien des hl. Nikolaus in der Freiburger Kathedrale sind von unschätzbarem Wert. In der Tat handelt es sich um die grösste Reliquie neben dem Grab des Heiligen in Bari in Süditalien. Gegenwärtig wird die Reliquie in Freiburg nur zu dem Nikolaus-Festen zur Verehrung ausgesetzt und wird sonst in der Schatzkammer der Kathedrale aufbewahrt; künftig könnte sie auf neue Weise der Verehrung innerhalb der Kathedrale zugänglich gemacht werden.

Der hl. Nikolaus wird in unserer Region seit der Zeit der Kreuzzüge verehrt, nachdem seine Gebeine im Jahre 1087 von Myra in Kleinasien nach Bari überführt worden waren. Die Zähringer, die 1157 die Stadt Freiburg gründeten, brachten dem heiligen Bischof von Myra eine besondere Verehrung entgegen. Sie stellten die Pfarrkirche unter sein Patronat.

In der Zisterzienserabtei Hauterive errichtete man 1320 eine Kapelle zu Ehren des hl. Nikolaus. Die heutigen Reliquien wurden um 1420 durch Abt Peter von Affry von Rom nach Hauterive gebracht. Um die Übertragung der kostbaren Reliquien in die Freiburger Kirche zu erreichen, wandten sich der Schultheiss und der Rat der Stadt an Papst Julius II. Eine päpstliche Bulle vom 2. Juli 1505 sprach die Reliquien der Stadt Freiburg zu. Die Übertragung erfolgte am 9. Mai 1506.

Die Presse ist mit der Freiburger Öffentlichkeit zur offiziellen Übergabe der Reliquie am 22. Februar 2006 um 15.00 Uhr in der Freiburger Nikolaus-Kathedrale eingeladen. Nach der Zeremonie besteht Gelegenheit zur Begegnung mit Metropolit Philaret.

Fotos sind verfügbar unter: http://www.unifr.ch/webnews/admin/news/news.php?m=detailF&nid=kv27ua88hk

Weitere Auskünfte:

Prof. Barbara Hallensleben, Dekanin der Theologischen Fakultät der Universität Freiburg, +41 79 230 35 50; e-mail : barbara.hallensleben@unifr.ch

Quelle:

Dienststelle Kommunikation und Marketing, Tel. +41 26 300 70 34,
e-mail : marcom@unifr.ch

Vorblick:

Durch die Arbeit des Instituts für Ökumenische Studien ist die Freiburger Kathedrale zu einem Pilgerort für orthodoxe Würdenträger geworden. Am 20. März - nach dem Gebetsgottesdienst zur Verehrung der Nikolaus-Reliquie in der Kathedrale um 9.30 Uhr - wird Metropolit Kirill von Smolensk und Kaliningrad im Senatssaal der Universität Freiburg die «Silberne Rose des hl. Nikolaus von Freiburg» in Empfang nehmen. Es handelt sich um eine erstmals verliehene Auszeichnung, die von einigen Mitgliedern des Instituts für Ökumenische Studien gestiftet wurde, um besondere Verdienste für die Gemeinschaft der einen Kirche Jesu Christi zu würdigen. Die «Silberne Rose» ist inspiriert von der alten Tradition der «Goldenen Rose», die der Papst seit etwa 1000 Jahren an verdiente Mitglieder der katholischen Kirche verleiht.