FakultätspreisPublikationsdatum 03.09.2024

Auszeichnung für Matthias Camenisch und Marina Lerf


Matthias Camenisch und Marina Lerf erhalten den Fakultätspreis für ihre Masterarbeiten. Der Preis wird für Arbeiten von hervorragender wissenschaftlicher Qualität verliehen und ist mit 500 Franken dotiert.

"Mein Interesse an der theoretischen Verknüpfung von Exil- und Geschlechterforschung wurde während eines Studienaufenthaltes an der Universität Hamburg geweckt. Der Blick auf die geschlechtsspezifische Dimension von Flucht, Exil und Rückkehr in literarischen Texten ermöglicht es, ambivalente und subversive Selbst- und Gesellschaftsentwürfe zu entdecken, die in einer patriarchal geprägten Rezeption übersehen werden. Ich halte es für unbedingt notwendig, dass Diskurse über Exil und ,Heimat‘ stärker durch die Analyse weiblicher Perspektiven in Exiltexten mitgestaltet werden. Mit meiner Studie zu Hilde Domins eindrucksvollem Roman Das zweite Paradies möchte ich dazu einen Beitrag leisten."

Marina Lerf

“[…] nuestro objetivo ha sido recordar constantemente que la literatura también trata estas temáticas abrumadoras de manera única, ofreciendo otras perspectivas. No debemos olvidar el poder de la literatura para simular realidades, mostrarlas desde diferentes puntos de vista y generar conciencia y reflexión. Aunque no pueda cambiar el mundo de la noche a la mañana, estamos convencidos de que puede tener alguna influencia positiva. En todo caso, deseamos sinceramente que la situación en México y en otros países afectados por el tráfico de drogas mejore para que ya no sea necesario escribir textos literarios y científicos sobre esta temática” (p. 104).

Matthias Camenisch

Drogenhandel, Gewalt und Literatur

Die im Jahr 2023 verteidigte Masterarbeit von Matthias Camenisch mit dem Titel "Narcotráfico, violencia y literatura" wurde von Dr. Sebastian Imoberdorf betreut und präsentiert eine Studie über die Ästhetik der Gewalt in den Kreisen des Drogenhandels in Mexiko anhand von zwei literarischen Werken (Fiesta en la madriguera von Juan Pablo Villalobos, 2010, und Contrabando von Víctor Hugo Rascón Banda, 1991) sowie von Netflix-Serien zu verwandten Themen.

Contrabando ist ein bahnbrechendes Werk über den Drogenhandel in Mexiko. Explizite physische Gewalt ist darin allgegenwärtig. Fiesta en la madriguera hingegen stellt die Gewalt aus einer innovativen Perspektive dar, nämlich durch die Augen eines Kindes, dessen Vater ein Drogenbaron ist. In beiden Werken werden die Umstände der Gewalt hervorgehoben, sowohl auf psychologischer (Fiesta en la madriguera) als auch auf sozialer Ebene (Contrabando).

Durch die Entwicklung eines vergleichenden Analyserasters enthüllt Matthias Camenisch somit, dass die Romane beide eine Gewalt darstellen, die keine andere Funktion hat, als sich selbst zu genügen.

Geschlechtertheoretische Relektüre eines Romans von Hilde Domin

Unter dem Titel "Exil, Rückkehr und Heimat in Hilde Domins Roman Das zweite Paradies. Eine geschlechtertheoretische Relektüre" bietet Marina Lerf eine textnahe Auseinandersetzung mit einem 1968 erschienenen Roman und dessen Rezeption.

In Das zweite Paradies stellt die deutsche Dichterin Hilde Domin die Erfahrung von Exil und Rückkehr verschränkt mit einer komplexen Beziehungsgeschichte dar.

Marina Lerf fragt nach den dargestellten Wechselwirkungen zwischen Exil- und Rückkehrerfahrung einerseits und der Kategorie Geschlecht bzw. der patriarchalen Geschlechterordnung andererseits. Sie zeigt auf, dass sich Flucht, Exil und Rückkehr im Text als geschlechtsspezifisch geprägte Erfahrungen erweisen, denen das Potenzial zur Dynamisierung der Geschlechterordnung innewohnt. Die Untersuchung macht deutlich, dass in Das zweite Paradies nicht nur die patriarchale Geschlechterordnung, sondern auch darauf basierende traditionelle Heimatvorstellungen verworfen werden.

Damit arbeitet Marina Lerf die gesellschaftlich-politische Relevanz des Romans heraus, die in der bisherigen Kritik und Literaturwissenschaft mehrheitlich verkannt wurde.