Zürcher Gericht anerkennt Scharia-Scheidung

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Streit um UnterhaltszahlungZürcher Gericht anerkennt Scharia-Scheidung

Eine Mutter erhält von ihrem Ex-Mann neu Unterhaltsbeiträge für die Kinder, wie das Bezirksgericht Zürich entschied. Es ergänzte ein malaysisches Scharia-Urteil.

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Eine Malaysierin hatte einen Schweizer geheiratet und lebte mit ihm als Familie in ihrer Heimat. 2010 reichten sie die Scheidung ein und wurden von einem Scharia-Gericht amtlich getrennt. Die Mutter, die heute wie ihr Ex-Mann in der Schweiz lebt, wollte dieses Urteil, das nach islamischem Recht gefällt wurde, in der Schweiz ergänzen. Sie verlangte vor Bezirksgericht Zürich monatliche Unterhaltsbeiträge für zwei Kinder im Vorschulalter.

Ihr Ex wehrte sich laut Urteil damit, «dass das islamische Recht beziehungsweise das im Koran vorgeschriebene Recht klar sei» und keine monatlichen Beiträge vorsehe, wie die «Sonntagszeitung» berichtet. Damit verursachten sie demnach eine Grundsatzdiskussion. Ein ausländisches Urteil kann nur dann ergänzt werden, wenn es anerkannt ist.

Das Gericht anerkannte laut dem Bericht die Scharia-Scheidung. Beide Parteien seien ursprünglich mit dem Entscheid einverstanden gewesen. Es ergänzte das Urteil aber. Der Mann wurde verpflichtet, künftig 4000 Franken Unterhalt pro Monat zu überweisen. Das Urteil ist rechtskräftig.

«Kein vergleichbarer Fall bekannt»

Experten sprechen von einem Novum, wie die Zeitung schreibt – so etwa Markus Müller-Chen, Professor für internationales Privatrecht an der Universität St. Gallen: «Eine solche Anerkennung eines Scharia-Urteils gab es meines Wissens noch nicht.» Es könne sein, dass die Zürcher Gerichte künftig auf dieses Urteil verweisen würden. Bindend sei es aber nicht.

Auch Stefan Suter, Anwalt der Malaysierin, sagt, dass ihm kein vergleichbarer Fall bekannt gewesen sei. Es habe ihn gereizt, die Gültigkeit einer Scheidung nach islamischem Recht zu klären. «Es mag im ersten Moment erstaunen, dass ein Schweizer Gericht ein Scharia-Urteil anerkennt», so Suter. «Aber alles ­andere hätte bedeutet, dass ein Schweizer den Koran zu seinem Vorteil nutzen kann und eine Frau ohne Unterhaltsbeiträge dasteht.»

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