Proseminar: Geschlecht und Arbeit. Ökonomien aus einer geschlechtergeschichtlichen Perspektive
UE-L15.02267

Dozenten-innen: Baumann Sarah
Kursus: Bachelor
Art der Unterrichtseinheit: Proseminar
ECTS: 3
Sprache-n: Deutsch
Semester: HS-2025

Warum ist „die Hausfrau“ im alltäglichen Sprechen geläufiger als „der Hausmann“? Warum ist Teilzeitarbeit für Frauen ein häufig gewähltes Erwerbsmodell, und warum stösst es in Branchen, in denen mehr Männer arbeiten, auf teilweise grossen Widerstand? Warum sprechen wir von „Hausarbeit“ als Arbeit und warum wird für diese Arbeit kein Lohn ausbezahlt?

Wer in einer Gesellschaft welche Arbeiten erledigt und welche Tätigkeiten als Arbeit anerkannt und entlöhnt werden, ist nicht gegeben, sondern das Ergebnis sozialer Zuschreibungen. Geschlecht, Klasse und Ethnizität/Nationalität spielen bei diesen Zuschreibungsprozessen eine zentrale Rolle. Sie wirken als Ordnungskategorien und weisen Menschen auf dem Arbeitsmarkt bestimmte Plätze zu, und sie bestimmen darüber, wie viel Mitsprachemöglichkeiten Menschen in arbeitsrechtlichen Fragen haben. Deutungen von Geschlecht, Klasse und Ethnizität/Nationalität sind nicht starr, sondern an gesellschaftliche Kontexte gebunden. So, wie sich ihre Deutungen in der Zeit verändern, verändern sich auch Arbeitsverhältnisse und Definitionen von Arbeit.

In diesem Proseminar setzen wir uns mit der Verflechtung von Geschlecht und Arbeit im historischen Wandel auseinander. Die Lektüre geschichtswissenschaftlicher und geschlechtertheoretischer Texte hilft uns, die Begriffe Arbeit und Geschlecht zu verstehen und das Zusammenspiel von Arbeits- und Geschlechterordnungen historisch einzuordnen. Am Beispiel verschiedener Arbeitsbereiche – wie Fabrikarbeit, Heimarbeit, Hausarbeit, sexuelle Arbeit – fragen wir danach, wie unterschiedliche (Erwerbs-)Tätigkeiten von Frauen und Männern in der Schweiz vom späten 19. Jahrhundert bis Ende des 20. Jahrhunderts organisiert, debattiert und politisiert wurden.

Ziel dieses Proseminars ist es erstens, theoretische Grundlagen der historischen und sozialwissenschaftlichen Forschung zu Arbeit und Geschlecht kennenzulernen. Die Diskussion sekundärwissenschaftlicher Texte dient dazu, die Begriffe Arbeit und Geschlecht zu definieren und als historisch wandelbare Kategorien zu verstehen. Zweitens wird anhand konkreter Beispiele die Analyse, Interpretation und Einordnung von Quellen geübt und in der Proseminararbeit vertieft. 

Lektüreempfehlung

Hausen Karin, Arbeit und Geschlecht, in: Jürgen Kocka et al. (Hg.), Geschichte und Zukunft der Arbeit, Frankfurt am Main 2010, 343-361.

Hofmeester Karin, van der Linden Marcel (Hg.), Handbook Global history of work, Berlin 2018.

Isler Simona, Politiken der Arbeit: Perspektiven der Frauenbewegung um 1900, Basel 2019.

Richter Jessica, Rütten Tim (Hg.), Arbeit und Geschlecht. Schwerpunktheft Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften, Bd. 33, Nr. 3, 2022, 5-10.

Rippmann Dorothee, Körner Martin, König Mario, Arbeit, in: Historisches Lexikon der Schweiz, Version vom 02.03.2015. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/017470/2015-03-02/ (20.05.2025).

Wenn das Proseminar im Rahmen des Einführungsmodules besucht wird, muss gleichzeitig auch den Grundkurs «Geschlecht und Arbeit. Ökonomien aus einer geschlechtergeschichtlichen Perspektive» besucht werden.