Worum geht es in Ihrer Forschung?

Seit 12 Jahren forsche ich zur Geschichte des Föderalismus in Ostmitteleuropa im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Der Forschungsschwerpunkt liegt auf föderalistischen Projekten, die zunächst als ideologische Utopien in der Ära des Nationalismus des "langen 19. Jahrhunderts" entstanden und nach dem Ersten Weltkrieg und in der Zwischenkriegszeit zu einem Element der politischen Rhetorik oder - wie ich nachzuweisen versuche - sogar Teil der Realpolitik wurden, insbesondere im Bereich der Staatsbildung, der nationalen Minderheitenpolitik oder der Einführung nationaler Autonomien. In vielen Fällen war der ostmitteleuropäische Föderalismus per se nie ein realistisches Programm zur Umgestaltung der Staatsstruktur oder zum Aufbau eines politischen Systems. Die Ironie des Föderalismus in Ostmitteleuropa besteht darin, dass sein Verständnis nur auf der theoretischen Ebene, auf der Ebene der ideologischen Diskussionen, stattfand und nie über die nationalen und ideologischen Vorstellungen und Präferenzen hinausging.

Dies ist eindeutig eine interdisziplinäre Studie, die nicht nur Geschichte, sondern auch Politikwissenschaft, Philosophie und Recht umfasst. Ich habe eine Monographie mit dem Titel "Federalist Projects in East Central Europe (1815-1921): From Ideological Utopia to Realpolitik Policy" in ukrainischer Sprache, die mit dem "Przeglad Wschodni"-Preis ausgezeichnet wurde, sowie zahlreiche Artikel zu diesem Thema. Derzeit überlege ich mir eine englische Version meines Buches.

Können Sie uns Ihren Werdegang beschreiben?

Ich habe an der Nationalen Pädagogischen Drahomanow-Universität in Kiew (Geschichte und Recht), an der Jagiellonen-Universität in Krakau (Geschichte) und an der SGH Warschau (öffentliche Verwaltung und Management) studiert. Zu meinen Hauptforschungsgebieten gehören die Geistesgeschichte Ostmitteleuropas mit besonderem Interesse am Föderalismus, was zu meiner Doktorarbeit über den Föderalismus in den politischen Ansichten des ukrainischen Historikers und Politikers Mykhailo Hrushevsky (1866-1934) führte, sowie die umfassende, verwickelte Geschichte des Föderalismus im 19. und frühen 20. Im Jahr 2020 erhielt ich den Dr. habil. Degree von der Polnischen Akademie der Wissenschaften und der Nationalen Akademie der Wissenschaften der Ukraine.

Derzeit bin ich Senior Research Fellow am Juliusz-Mieroszewski-Zentrum für Dialog in Warschau und Mitarbeiter zweier Historischer Institute der Polnischen und Ukrainischen Akademie der Wissenschaften. Außerdem bin ich Mitglied des Redaktionsausschusses von "AREI. Journal of Central and Eastern European History and Politics", "Nowy Prometeusz" und "Diplomatic Ukraine". Ich wurde mit dem Krzysztof-Skubiszewski-Stipendium (2015) und dem Iwan-Wyhowski-Preis unter der Schirmherrschaft des polnischen Präsidenten (2022) ausgezeichnet.

Dr. Gennadii Korolov erhielt ein SNF-Stipendium für wissenschaftlichen Austausch.