PublikationPublikationsdatum 11.06.2024

Drei Publikationen im Rahmen des SNF-Forschungsprojektes


Ende Mai und Anfang Juni sind im Rahmen des SNF-Forschungsprojektes «Die Bewältigung von Krisen: Demokratie, Menschenrechte und Föderalismus stärken» drei Publikationen innerhalb der jeweiligen Forschungsbereiche – Rechtsstaatlichkeit und Demokratie, Grund- und Menschenrechte sowie Föderalismus – erschienen.

Im Rahmen des Forschungsfeldes «Rechtsstaatlichkeit und Demokratie» widmet sich Luis A. Maiorini im Beitrag «Stärkung des Parlaments in Krisenzeiten – Würdigung der ParlG-Revision nach der Covid-19-Krise» der angestrebten Stärkung der Rolle des Parlaments für künftige Krisen. Nach Darstellung der im Nachgang an die Covid-19-Pandemie vorgenommenen Änderungen im Parlamentsgesetz kommt er zum Schluss, dass für die Stärkung der Rolle des Parlaments in Krisen die Erweiterung parlamentarischer Instrumente allein nicht genügt. Vielmehr sei die Anwendung dieser Instrumente vom politischen Konsens sowie von den Ressourcen abhängig. Überdies betont er die Relevanz der Kommissionen sowie die Notwendigkeit ihrer  frühzeitigen Konsultation. Erst die Handlungsfähigkeit der Kommissionen erlaube es dem Parlament, selbst einen funktionsfähigen Ratsbetrieb zu etablieren und die geschaffenen Instrumente überhaupt anzuwenden. Der Autor rundet seinen Beitrag schliesslich mit würdigenden Ausführungen zu den Anpassungen im Vernehmlassungsgesetz, der Digitalisierung des Ratsbetriebs sowie der Ressourcenfrage ab und synthetisiert seine Erkenntnisse in einer mit eigenen Revisionsvorschlägen angereicherten Zusammenfassung.

Im Beitrag «Gerichtliche Kontrolle von Notrecht – Effektiver Rechtsschutz bei der Krisenbewältigung» des Forschungsfeldes «Grund- und Menschenrechte» unterzieht Johanna Jean-Petit-Matile die gerichtliche Kontrolle von Notrecht einer kritischen Prüfung. Sie richtet den Blick insbesondere zurück auf die Covid-19-Pandemie und zeigt anhand der dort gemachten Erfahrungen die Lückenhaftigkeit des Rechtsschutzes während Krisen auf, eruiert entsprechende Herausforderungen und präsentiert gleichzeitig Verbesserungsvorschläge und Anpassungen des gerichtlichen Rechtsschutzes für einen krisenresilienten Rechtsstaat. Konkret würdigt sie drei Vorschläge für einen Ausbau der Verfassungsgerichtsbarkeit. Der erste Vorschlag greift verschiedene parlamentarische Initiativen auf, welche die Möglichkeit einer Anfechtung von Notverordnungen des Bundesrats vorschlagen. Die Analyse zeigt, dass eine solche insgesamt zu einer Verbesserung des Rechtsschutzes führen würde, jedoch noch viele offene Fragen zu ihrer konkreten Ausgestaltung bestehen. Als zweiter Vorschlag zieht sie ein Eilverfahren an das Bundesgericht im Falle einer Anrufung von Art. 185 Abs. 3 BV in Betracht, um der Einschränkung meist gewichtiger Grundrechte ein Kontergewicht im Sinne einer zwar nachträglichen, jedoch raschen gerichtlichen Kontrolle gegenüberzustellen. Schliesslich unterstreicht sie die immer wieder rege diskutierte Möglichkeit einer umfassenden Verfassungsgerichtsbarkeit. Es sei jedoch aufgrund der politischen Ausgangslage kaum zu erwarten, dass diese in naher Zukunft eingeführt werde. Insgesamt bedauert die Autorin, dass keiner der Verbesserungsvorschläge des gerichtlichen Rechtsschutzes bis anhin umgesetzt wurde.

Stefanie Rusch und Bernhard Waldmann sichten in ihrem Beitrag «Kantonale Notrechtssysteme – Eine vergleichende Übersicht des intrakonstitutionellen Notrechts in den Kantonen» des Forschungsfeldes «Föderalismus» die bunte Vielfalt der kantonalen Notrechtssysteme. In einer vergleichenden Untersuchung analysieren die Autoren die verfassungsrechtlichen Notrechts- und Notstandsklauseln anhand von Systematik, Anwendungsvoraussetzungen, Kompetenzumfang sowie rechtsstaatlich-demokratischen Kompensationsmechanismen und versuchen, entsprechende Gemeinsamkeiten und Unterschiede herauszuarbeiten – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie und anderer Krisensituationen. In einer abschliessenden Würdigung der kantonalen Normierungen skizzieren sie die wesentlichen Elemente von Notrechtssystemen, welche sowohl rasches als auch hinreichend legitimiertes Handeln in ausserordentlichen Situationen ermöglichen. Vorab weisen die Autoren darauf hin, dass ein Verzicht auf ein Notrechtssystem auf Kantonsebene mit dem Rechtsstaat nur schwer vereinbar und aus Gründen der Demokratie sowie der Rechtssicherheit unerlässlich sei. Neben der zwingenden Verankerung auf Verfassungsstufe, müsse das Verhältnis der Notrechts- und Notstandsklauseln zueinander und zu allfälligen spezialgesetzlichen Ermächtigungsklauseln sowie der polizeilichen Generalklausel geklärt werden. Zwar sei von einer allzu ausufernden Regelungstätigkeit Abstand zu nehmen, doch müssten in den Notrechts- und Notstandsklauseln zwingend der Umfang der Massnahmenkompetenzen sowie die rechtsstaatlich-demokratischen Korrektive verankert werden. Im Ergebnis läge die grösste Schwierigkeit darin, das Spannungsverhältnis zwischen einer den spezifischen Eigenschaften einer Krise Rechnung tragenden Normdichte einerseits und der gebotenen Rechtssicherheit andererseits aufzulösen.