Die MenschenrechtePublikationsdatum 09.11.2022

Der Föderalismus als Chance für die Menschenrechte?


Die Schweizer Kantone sind für zahlreiche menschenrechtsrelevante Bereiche zuständig – vom Polizei- über das Schulwesen bis hin zur Sozialhilfe. Deshalb fällt die nationale Umsetzung von internationalen Menschenrechtsverträgen wie bspw. der Anti-Folter-Konvention oftmals auch in ihren Verantwortungsbereich. Auf der internationalen Ebene und insbesondere in den Berichtsverfahren zu den internationalen Menschenrechtsverträgen werden sie jedoch vom Bund vertreten. Dies erfordert einiges an Kommunikation und Koordination zwischen den verschiedenen Staatsebenen, was teilweise zu Herausforderungen führt. Doch könnte gerade der mehrstufige Staatsaufbau auch eine Chance für die Menschenrechte sein? Könnte der Föderalismus die Umsetzung der Menschenrechte in der Schweiz verbessern?

Mit diesem Gedanken wurde am 3. November 2022 in Bern die Idee einer kantonalen Menschenrechts-Peer-Review vorgestellt. Die Idee stammt aus der Abschlusspublikation des Schweizerischen Kompetenzzentrums für Menschenrechte (SKMR) und ist inspiriert vom Verfahren der Universal Periodic Review im UNO-Menschenrechtsrat. In diesem Verfahren beurteilen sich UNO-Mitgliedstaaten gegenseitig im Hinblick auf die Menschenrechtssituation in ihrem Staat und geben einander Empfehlungen zur Verbesserung ab. Würde man dieses Verfahren auf die nationale Ebene übertragen, würden sich die Schweizer Kantone gegenseitig überprüfen und könnten insbesondere Best Practices teilen und sich über Schwierigkeiten austauschen. Darüber hinaus würden wertvolle Informationen für die Berichtsverfahren zu den internationalen Menschenrechtsverträgen gesammelt. In einem weiteren Kontext könnte die Schweiz mit einem solchen Verfahren schliesslich Pionierarbeit leisten, um das Potenzial des mehrstufigen Menschenrechtsschutzes zu realisieren.

An der Veranstaltung, die gemeinsam von IFF, SKMR und einem SNF-Forschungsteam der Universität Lausanne organisiert wurde, diskutierten Vertreterinnen und Vertreter von Kantonen, Bund, Wissenschaft und Zivilgesellschaft diese Idee. Der Vorschlag stiess auf breites Interesse und führte zu angeregten Diskussionen.

Für weitere Informationen und allfällige Projektanfragen steht Delilah von Streng, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Föderalismus, gerne zur Verfügung.