Asbestforschung20.02.2020

Synthetisches Pflanzenhormon als neue Strategie zur Behandlung von bösartigen Tumoren


Mesotheliome sind noch unheilbare Tumore, die vor allem durch das Einatmen von Asbestfasern entstehen. Es gibt aber ein Molekül, das eine stark hemmende Wirkung auf das Wachstum dieser Tumoren hat. Normalerweise wird es in der landwirtschaftlichen Produktion von Früchten als Wachstumshormon eingesetzt. Zwei Forschungsteams der Universität Freiburg liefern nun neue Erkenntnisse über die Wirkung dieses sogenannten Forchlorfenuron (FCF).

Herkömmliche Methoden zur Behandlung von Mesotheliom-Patienten umfassen Chemotherapie, Strahlentherapie und eine Operation zur Entfernung des Tumors, oft in Kombinationen. Bis jetzt hat jedoch keine davon zu einem durchschlagenden Erfolg geführt. Ein Grund dafür ist, dass Krebszellen bei längeren Chemotherapien gegenüber Krebsmedikamenten resistent werden.

Ein Pflanzenhormon hemmt die Tumorzellen
Einen komplett neuen Ansatz testen nun zwei Freiburger Forschungsgruppen von Prof. Beat Schwaller, Sektion Medizin und von Prof. Christian Bochet, Departement für Chemie. Vorgängige Experimente hatten gezeigt, dass in Mesotheliom-Zellen das Protein Calretinin mit dem Protein Septin 7 interagieren kann. Nun wurde untersucht, was eine direkte Unterdrückung der Septinfunktion(en) in den Mesotheliom-Zellen bewirkt. Ein solcher Hemmer existiert in der Form von Forchlorfenuron (FCF), der für Menschen als relativ unbedenklich eingestuft wird. Dieser Stoff wird in der Landwirtschaft (vor allem in den USA und China) als Pflanzenhormon verwendet und beschleunigt das Wachstum von Früchten.

Die Gruppe von Prof. Schwaller hat nun gezeigt, dass FCF das Wachstum ­–  d.h. den Zellzyklus von Mesotheliom-Zellen – in Zellkulturen in vitro stark hemmt. Interessanterweise werden auch Tumorzellen von anderen Geweben (Lunge, Dickdarm, Prostata, Ovar, Brust) durch FCF in ihrem Wachstum stark gehemmt.

Eine Alternative zu herkömmlichen Krebsmedikamenten
Die Pilotexperimente, welche in Mäusen in vivo durchgeführt wurden, deuten darauf hin, dass die Blockierung der Funktion von Septinen einen neuen Ansatz in der Behandlung von Mesotheliomen darstellen könnte. Da noch wenig über den molekularen Mechanismus bekannt ist, haben sich die Forschenden um Prof. Schwaller mit der Gruppe von Prof. Christian Bochet, Departement Chemie zusammengeschlossen. Die Chemiker_innen haben daraufhin eine Serie von FCF-analogen Substanzen synthetisiert und charakterisiert, die dann in Mesotheliom-Zellen auf ihre Wirkung auf das Zellwachstum getestet wurden. Sie fanden dabei heraus, dass das Chloratom von FCF ganz essentiell für die Bindung an die Septine und der daraus resultierenden biologischen Wirkung ist.

Weitere Abklärungen sind im Gange, um möglicherweise neue Moleküle zu finden, die noch effizienter als FCF sind. Die beiden Forschungsgruppen sind überzeugt, dass die Forschung an Septin-Inhibitoren weitergeführt werden sollte, da sie einen alternativen Ansatz zu den herkömmlichen Krebsmedikamenten darstellen. Die Zukunft wird zeigen, ob es Septin-Inhibitoren in die klinische Forschung oder gar in die therapeutische Anwendung schaffen werden.

Ein reales Problem trotz Verbot
Mesotheliome entstehen aus den Mesothelzellen, welche unsere Körperhöhlen ähnlich wie Wandplatten auskleiden. Durch das Einatmen von Asbestfasern gelangen kleine, nadelförmige Mineralfasern in den Körper und bilden vor allem im Brustfell Mesotheliome. Diese Fasern kann der menschliche Körper weder abbauen noch eliminieren. Weil sich Mesotheliome erst 20-40 Jahre nach der Asbestexposition entwickeln, wird die Anzahl von Patienten auch in der Schweiz noch zunehmen, obwohl der Asbestgebrauch seit 1990 verboten ist.

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Link zur Fachzeitschrift Oncotarget