Grundlagenforschung im Hirn03.12.2018

Freiburger Forschende schalten Langzeitgedächtnis aus


Proteine in Hirnzellen sind wichtig für die Bildung des Langzeitgedächtnisses. Eine Forschungsgruppe der Universität Freiburg hat nun bei Fruchtfliegen aufgezeigt, wo genau ein bestimmtes Protein wirkt. Diese Erkenntnisse könnten dereinst bei der Behandlung von Depressionen, geistigen Einschränkungen und Abhängigkeiten helfen.

Das Forschungsteam unter der Leitung von Biologieprofessor Simon Sprecher hat untersucht, ob sich Fruchtfliegen über Tage an einen bestimmten Geruch erinnern können. Dieser Geruch war mit einer Zuckerbelohnung verknüpft. Dabei spielt das Protein CrebB eine zentrale Rolle; nur wusste man bis jetzt nicht, wo genau es wirkt.

Mittels einer relativ neuen gentechnologischen Methode (der «Genschere» CRISPR) ist es den Forschenden nun gelungen, das CrebB-Protein in bestimmten Hirnregionen auszuschalten – also im ganzen Hirn, im ganzen Pilzkörper oder den Zellen, welche Information vom Pilzkörper erhalten.

Manipulativer Einfluss auf die Erinnerungen
Diese Erinnerungen werden in einer Hirnregion namens «Pilzkörper» gebildet. Eingehende Nervenzellen transportieren die Information über den Geruch und die Belohnung in diese Hirnregion, ausgehende sorgen dafür, dass die Information in andere Hirnregionen getragen wird.

Um Langzeiterinnerungen festzuhalten, muss das Hirn Proteine produzieren. Diese Proteine finden sich nicht nur im menschlichen Hirn, sondern praktisch auch bei allen Tieren. Fruchtfliegen sind zur Erforschung der Mechanismen besonders geeignet, weil ihre Zell- und Molekularbiologie sowie Genetik im Hirn zu 99 Prozent identisch mit dem menschlichen sind.

In einem ersten Schritt lernten Fruchtfliegen, dass ein bestimmter Geruch mit Zucker belohnt wird. In einem zweiten Schritt wurde getestet, unter welchen Bedingungen sie sich 24 Stunden später noch daran erinnern. Das entspricht beim Menschen mehrere Jahre. Die Tests haben gezeigt, dass das entscheidende Protein in zwei der drei Hirnlappen und in gewissen ausgehenden Nervenzellen vorkommen muss, damit das Langzeitgedächtnis gebildet werden kann.

Nützlich für die Erforschung von Suchtverhalten und Depressionen
Bis jetzt war zwar bekannt, dass bestimmte Zellen fürs Langzeitgedächtnis zuständig sind. Man wusste jedoch nicht, in welchen Zellen CrebB agiert und dass offensichtlich zwei unterschiedliche Zelltypen für das gleiche Gedächtnis verantwortlich sind.

Beim Menschen wurde ein Zusammenhang von CrebB-Defekten und geistigen Einschränkungen, Suchtverhalten und Depressionen festgestellt. Die Erkenntnisse der Freiburger Forschenden könnten deshalb als Modell zur besseren Erforschung dieser Zusammenhänge dienen.

Die Resultate wurden soeben in eLife publiziert, einem Online-Forschungsmagazin für Biomedizin und Life Sciences.