07.04.2015

Artenvielfalt: Tierische Einwanderer profitieren von Grössenvariationen


Säugetiere, deren Körpergrösse innerhalb ihrer Art variieren kann, passen sich besonders gut an neue Umweltbedingungen an. Die tierischen Einwanderer verfügen damit über einen klaren Wettbewerbsvorteil im Kampf um neue Lebensräume. Zu diesem Schluss kamen Wissenschaftler der Universität Freiburg im Rahmen einer internationalen Forschungszusammenarbeit.


Die Körpergrösse kann bei vielen Säugetierarten stark variieren. Oben: Schädel des Kaninchens Oryctolagus cuniculus; unten: Schädel des Hasen Lepus europaeus. Bild: Héctor Garrido (Estación Biológica de Doñana, CSIC)


Über die globalen Handels- und Verkehrsströme gelangen Tiere und Pflanzen immer wieder in Regionen, in denen sie eigentlich nicht heimisch sind. Während viele dieser Arten wieder verschwinden, gelingt es manchen, eigenständige Populationen aufzubauen. Einige invasive Arten vermehren sich sogar so stark, dass sie erhebliche wirtschaftliche und ökologische Schäden verursachen. Wie gross diese Schäden sein können, zeigt ein Beispiel aus Australien: Kaninchen, die damals mit den ersten Siedlern auf den Kontinent gelangten, verwüsten dort regelmässig landwirtschaftliche Flächen. Die Folge sind jährliche Ernteausfälle in Millionenhöhe. Gleichzeitig verdrängen die Tiere heimische Arten. Auch Europa ist bei tierischen Einwanderern beliebt. Hierzulande sind etwa 13’000 invasive Arten bekannt, die Schäden von mehr als 12 Milliarden Euro pro Jahr verursachen.

Variation erhöht Überlebenschance

Lange Zeit suchten Wissenschaftler nach Merkmalen, die erfolgreiche Eindringlinge auszeichnen. Dabei verglichen sie die durchschnittlichen Merkmale invasiver mit denen nicht-invasiver Arten. „Dies greift aber zu kurz“, erklärt Jonathan Jeschke von der Freien Universität Berlin. „Es kommt auch auf die Unterschiede innerhalb einer Art an.“ Je grösser diese Variation ist, desto besser sind auch die Überlebenschancen, wenn die Tiere einer neuen Umgebung ausgesetzt sind. Innerartliche Unterschiede führen dazu, dass sich die Tiere leichter an neuen Orten ansiedeln. „Aber nicht jede Art von Variabilität führt zwangsläufig zum Erfolg“, räumt Sven Bacher von der Universität Freiburg (Schweiz) ein. Variationen, welche die Fitness von Tieren einschränken, hätten demnach den gegenteiligen Effekt.

Der Schlüssel zum Erfolg

Im Rahmen ihrer Untersuchungen analysierten die Wissenschaftler globale Datensätze zu Säugetieren, die ausserhalb ihrer natürlichen Verbreitungsgebiete vorkommen. Dabei fanden sie heraus, dass sich Arten, die stark in der Körpergrösse variieren, besonders oft etablieren konnten. „Vor allem die Variationen in der Körpergrösse erwachsener Tiere scheinen einen positiven Effekt zu haben“ sagt Bacher.

Die Erkenntnisse könnten helfen, Invasionen besser vorherzusagen oder gar zu verhindern, hoffen nun die Forschenden und empfehlen, Kontrollmassnahmen für besonders variable Arten einzuführen. Damit liessen sich einerseits schädliche Arten besser kontrollieren. Andererseits könnte ein besseres Verständnis der Eigenschaften erfolgreicher invasiver Arten aber auch die Massnahmen zur Wiedereinbürgerung bedrohter Arten unterstützen.

Die Studie des Instituts Estación Biológica de Doñana (Spanien), der Universität Freiburg (Schweiz), der Technischen Universität München, der Freien Universität Berlin sowie des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) wurde kürzlich in der Fachzeitschrift „The American Naturalist“ veröffentlicht.

Publikation:
Manuela González-Suárez, Sven Bacher, Jonathan M. Jeschke (2015): Intraspecific trait variation is correlated with establishment success of alien mammals. The American Naturalist, DOI: 10.1086/681105.


Kontakt:

PD Dr. Sven Bacher, Departement für Geowissenschaften, Universität Freiburg, +41 026 300 88 22, sven.bacher@unifr.ch

Prof. Dr. Jonathan Jeschke, Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) und Freie Universität Berlin, +49 30 83871046, jeschke@igb-berlin.de