07.08.2014

Supraleiter: Schwachstellen erkennen, Performance verbessern


Wer seine Schwächen kennt, kommt besser voran: Was in der Psychologie gilt, hat in diesem Fall auch in der Physik seine Gültigkeit. Zum ersten Mal ist es einem Forschungsteam gelungen, die Schwachstellen des potentiellen Supraleiters TiSe2 präzise zu identifizieren. Dies dürfte es ermöglichen, dessen Eigenschaften massgeblich zu verbessern.



Ohne uns dessen bewusst zu sein, brauchen wir je länger je mehr Synthesematerialien mit unterschiedlichsten Eigenschaften. Die Grundlagenforschung der Festkörperphysik befasst sich mit der Entschlüsselung der Eigenschaften solch neuer Materialien, mit dem Ziel, diese besser zu verstehen und, darauf basierend, schliesslich neue Anwendungsgebiete dafür entwickeln zu können. Gewisse dieser Materialen verfügen über die Eigenschaft, elektrischen Strom widerstandslos leiten zu können, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Diese Funktion kann sehr nützlich sein, so beispielsweise in der Medizin (MRI), im Bereich der Elektrizität, in der Elektronik oder auch für die neuen Magnetschwebebahnen.

Eines dieser Synthesematerialien, das TiSe2, bestehend aus zweidimensionalen mikroskopischen Schichten, hat die besondere Eigenschaft, zum Supraleiter zu werden sobald es Druck ausgesetzt oder zwischen den Schichten gezielt mit Kupfer verunreinigt wird. Die Dichte dieser Kupferverunreinigung muss im tiefen Prozentbereich liegen. Gleichzeitig weist TiSe2 eine ganze Reihe an unbeabsichtigten Unregelmässigkeiten auf (Schwachstellen oder Defekte), die auf die für dessen Synthese nötigen und angewandten Methoden zurückzuführen sind. Bis heute waren diese natürlichen Materialschwächen, deren Dichte ebenfalls im tiefen Prozentbereich liegt, kaum bekannt und verhinderten entsprechend ein umfassendes Verständnis des Ursprungs der durch eingeschobenen Kupfer herbeigeführten Supraleitung.

Besseres Verständnis, bessere Synthese

Im Rahmen ihrer gemeinsamen Forschung ist es dem Doktoranden Baptiste Hildebrand und dem Oberassistenten Clément Didiot, beide im Forschungsteam von Professor Philipp Aebi am Departement für Physik der Universität Freiburg, gelungen, sowohl die Natur wie auch die genaue Lokalisation der vier Hauptschwachstellen des TiSe2 zu identifizieren. Es sind dies das Fehlen von Selen, das Vorkommen von zwischen den Schichten eingeschobenen Titan-Atomen sowie die Substitution durch Iod oder Sauerstoff der Selen-Atome des Materials.

Dank der präzisen Charakterisierung des Ursprungs und des lokalen elektronischen Effekts dieser vier Grundschwächen des TiSe2, ist der Weg zu einem besseren Verständnis der Supraleitung, herbeigeführt durch gezielte Verunreinigung, nun geebnet – sei dies für dieses oder auch für zahlreiche ähnliche Materialien. Damit sollte es auch möglich sein, künftige Supraleiter besser zu synthetisieren und deren Eigenschaften zu verbessern.


Link zur Studie:

https://journals.aps.org/prl/pdf/10.1103/PhysRevLett.112.197001

Kontakt:
Baptiste Hildebrand, Departement für Physik, 026 300 9169, baptiste.hildebrand@unifr.ch